Die Andacht zum Wochenspruch – von Manfred Günther in den 90er Jahren
verfasst – gelesen von Gert Holle
Wochenspruch zur Woche nach dem 4. So. n. Epiphanias:
Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern. (Ps. 66,5)
Was "sehen" wir? Welche Werke Gottes, welches Tun, welche Erfahrungen fallen uns ein, wenn es heißt: Kommt her und sehet?
Zunächst sicher manches Böse, schlechte Erlebnisse, schlimme Dinge und manche verfahrene Situation, persönlich und in der Welt. Gerade vor dem Hintergrund unserer Hoffnungen am Beginn eines neuen Jahres ist unser Blick ja besonders empfänglich für das Dunkle, Bedrohliche, Angsterregende... Gerade weil wir uns ja so nach Glück und guten Aussichten im neuen Jahr sehnen, sind wir so empfindlich für alles, was uns die Hoffnung und den Mut nehmen will.
Aber "sehen" wir nicht auch anderes? Schauen wir doch nur einmal zurück auf die vergangene Woche: Gab's da nicht auch - neben manchem Schweren - viel Schönes? Ich weiß ja nicht, was ihnen alles widerfahren ist, aber ich nenne dennoch einmal ein paar Ereignisse, die geschehen sind. Etwas davon haben auch sie erlebt!
Einem wurde ein schönes, unerwartetes Erlebnis geschenkt. Ein anderer hat endlich wieder ein gutes Wort mit seinem Nachbarn gewechselt. Eine dritte hat nach längerer Krankheit wieder arbeiten können und die Stärke in den Gliedern ist zurückgekehrt. Einer vierten geht in diesem Jahr endlich ein Herzenswunsch in Erfüllung: Ein schöner Urlaub in diesem Sommer ist gebucht. Manche Bewahrung haben wir erfahren. Manche Hilfe in Not. Manche Kraft, von der wir wussten, sie kommt nicht aus uns selbst.
Gewiss: Wir könnten dem jetzt auch wieder schlechte Erlebnisse gegenüberstellen. Aber die haben nicht unsere ganze letzte Woche ausgemacht. Das Gute, das Glück, sogar kleine Wunder gab es auch! Wir haben also "gesehen"! Nur: Haben wir uns auch darüber gefreut und – vor allem – dafür gedankt?
Da werden manche jetzt denken, aber wer kann sich denn den ganzen Tag freuen und ständig danken?
Und vor allem: Was geht denn das die Öffentlichkeit an, ist das nicht eher Herzenssache? Zugegeben, das ist es. Ich kann das verstehen, wenn nicht jeder seinen Dank vor allen anderen auf den Lippen hat. Aber da gibt es doch auch andere, leisere Möglichkeiten, unsere Dankbarkeit und Freude zu zeigen, die sind nicht weniger wichtig und effektiv:
Da ist das Lächeln, das ich immer einmal zeigen kann - mein grämliches Gesicht spricht sicher nicht für meine Freude und den Glauben an meinen Herrn. Da ist ein ehrliches Dankeschön gegenüber Gott in meinem Gebet - wer dankbar ist, der wird sich auch an den wenden, der ihm etwas geschenkt hat.
Da gibt es aber auch hin und wieder eine Gelegenheit - vielleicht bei unseren Kindern und Enkeln, in unserem vertrauten Familienkreis - Gott wirklich ins Gespräch zu bringen. Dankbarkeit muss doch einfach auch von dem reden, der uns so wohlgesonnen ist! Warum also nicht einmal davon sprechen, wieviel Gutes wir Gott verdanken? Warum nicht einmal zu solchen Worten finden: Weißt du, ich glaube, dass ein Vater im Himmel nach uns sieht - und auch nach dir! Das würde einen wichtigen Gedanken in unseren Kindern anstoßen! Da würde vielleicht ein Nachdenken entstehen, ein Fragen, ein Suchen und vielleicht sogar etwas Vertrauen?
Es ist schon so: Gesehen habe wir alle! Nur mit dem Dank und der Freude ist das so eine Sache....
Ich wünsche uns für diese Woche, dass Gott uns wieder reichlich und gnädig seine wunderbaren Werke sehen lässt, dass wir spüren, wie sehr er uns liebt und dass sein Sohn Jesus Christus wirklich in dieser Welt und für uns lebendig ist!
Darüber hinaus aber wünsche ich uns, dass wir auch die Freude und die Dankbarkeit neu lernen. Nicht unbedingt die laute, öffentliche, Freude, nicht den Dank, der gleich auf die Straße geht, aber doch auch einmal ein deutliches Sprechen darüber, wenigstens vor unseren Leuten, den Menschen in unserer Nähe und besonders den Kindern! Und das fröhliche Gesicht, das zu unserer Freude passt, wünsche ich ihnen auch.
Autor: Manfred Günther; gelesen von Gert Holle - 27.01.2024