Es ist wunderbar – eine Geschichte zu Weihnachten- von und mit Gert Holle
Die Hirten waren auf dem Feld als die gute Nachricht kam: „Zieht hinauf nach Bethlehem, seht, ein Kind ist euch geboren.“ Ruben wollte seinen Ohren nicht trauen: „Ein Kind ist euch geboren“ murmelte er vor sich hin. „Das wüsste ich aber!“ Vielleicht war er schon zu lange draußen in der Kälte, dass er fantasierte. „Und wenn schon“, dachte er bei sich und schaute wieder nach den Schafen. „Fürchtet euch nicht!“ hörte er die fremde Stimme sagen. „Euch ist heute der Heiland geboren.“ Ruben zitterte. „Hast Du das gehört, Aaron“, wandte er sich an seinen älteren Bruder, der unweit von ihm stand und in den Himmel starrte. „Da macht sich einer einen Spaß mit uns.“ „Du, ich glaube, das ist kein Spaß. Der meint es wirklich ernst. Lass uns doch einfach nach Bethlehem gehen und nachschauen…“ „Meinst du? Wir können doch die Herde hier nicht alleine lassen…“ – „Können wir! Wir haben jetzt so lange darauf gewartet, dass einer kommt, der uns Frieden bringt. Wenn es stimmt, wird unsere Hoffnung endlich erfüllt.“ - Während Ruben noch zweifelte, hatten sich andere längst auf den Weg gemacht. Kaspar, Melchior und Balthasar kamen sogar aus dem Orient. Sie folgten einem Stern nach Bethlehem zu dem neugeborenen Kind. „Weißt Du noch, was der Prophet Jesaja einst sagte?“ fragte Aaron seinen Bruder – um sogleich die Antwort selbst zu geben: „Über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf, über denen, die ohne Hoffnung sind.“ Und nun strahlte - ohne Zweifel – ein helles Licht. Das konnte auch Ruben nicht bestreiten. Der Himmel war gleißend erleuchtet.
Sehnsüchtig und geduldig hatten ihre Vorfahren darauf gewartet, hatten in schwierigen politischen, sozialen und auch religiös unruhigen Zeiten gelebt. Und wie diese hatten sie, stets in kärglichen Verhältnissen lebend, auf eine Besserung gehofft. Konnten und wollten sie der Zusage trauen? – Als Ruben ins helle Licht schaute, erinnerte er sich an die Freunde und Familien, über die in der letzten Zeit Unheil gekommen war. An Bekannte, denen es nicht gut ging. An seinen Freund Simeon, der vom Schicksal hart gebeutelt worden war und wo ihm dazu das richtige und passende Wort gefehlt hatte. „Wäre es jetzt nicht endlich an der Zeit, aus der Dunkelheit herauszutreten und neuen Mut, neue Kraft zu schöpfen?“ grübelte er.
„Auf, lass uns sehen, was geschehen ist!“, forderte Aaron seinen Bruder auf. Die Zweifel wichen der Neugier und gemeinsam gingen sie los. Unterwegs nach Bethlehem begegneten ihnen bereits einige der anderen Hirten, die schon wieder auf dem Rückweg waren. Fröhlich sangen sie: „Es ist wunderbar, wunderbar, wunderbar von Gott. Es ist wunderbar, wunderbar, was in dieser Nacht geschah?“. „Ja, liebe Leute, was habt ihr denn nun gesehen?“, wollte Ruben wissen und bekam zur Antwort: „Das kleine Kind, genannt Jesus Christ, wir glauben er ist Gottes Sohn, lag in einem kahlen Stall, es erstrahlte alles hell. Es ist wunderbar, wunderbar …“ Ruben fing an zu laufen, sein Bruder Aaron hinterher. Außer Atem erreichten sie das ersehnte Ziel – eine schmutzige Notunterkunft für ein junges Paar, das niemand bei sich aufnehmen wollte, ein kahler Stall, in dem dennoch alles hell erstrahlte. Und mitten drin in einer Krippe das kleine Kind, dem rauen Wind der Welt ausgesetzt. - Die drei edlen weisen Herren aus dem Orient waren derweil noch unterwegs, als sich Ruben und Aaron voller Freude auf den Nachhauseweg begaben. „Ich werde mich mein ganzes Leben an das Geschehen in dieser Nacht erinnern. Gott hat uns seinen Sohn geschenkt – einfach so. Das ist doch wunderbar!“, sagte Ruben laut. Und beide sangen gemeinsam: „Es ist wunderbar, wunderbar, wunderbar von Gott, wunderbar für alle Zeit. Es ist wunderbar, wunderbar, wunderbar für uns, wunderbare Weihnachtszeit.“
Liebe Leserin, lieber Leser, Ruben und Aaron und die anderen Hirten hatten sich damals aufgemacht und fanden im Stall all das vor, was Ihnen zugesagt worden war. In einem Neugeborenen, im Hilflosesten aller Lebewesen war ihnen Gottes verborgene Herrlichkeit erschienen. In all der Dunkelheit ihres Lebens wurde es hell. Das gibt mir Hoffnung. Das sollte uns alle in unserem Bemühen stärken, Licht und Freude in einer friedlos erscheinenden Welt zu verbreiten. - Ich wünsche uns allen, dass wir die frohe Botschaft von Weihnachten annehmen können und dass unser Tun im Lichte der Botschaft einen neuen Sinn erhält: Dann wird ein Nachsinnen über unsere Lebensgewohnheiten und Verzicht kein außergewöhnlicher Akt, sondern selbstverständliches Teilen mit dem Anderen. Dann ist Freude und Hoffnung keine Heilig-Abend-Stimmung, sondern Lebensgrund. Und dann ist Liebe keine besondere Aktivität – sie bedeutet voll und ganz Leben. Ein gesegnetes, wunderbares Weihnachtsfest wünscht Ihnen Ihr Gert Holle. –