"Durch andere Augen – Was uns verbindet" – eine Besinnung zu dem Lied „Different Eyes“ – von und mit Gert Holle.
Es gibt Tage, die fühlen sich an wie jeder andere – nichts Besonderes, nur Routine. Aber manchmal bringt genau so ein Tag etwas ins Rollen, das uns nie wieder loslässt. Eine Erinnerung, ein kurzer Moment, oder ein Gespräch, das plötzlich alles in einem anderen Licht zeigt. Genau darum geht es im Song "Different Eyes": Wir sehen die Welt durch unsere eigenen Augen, mit all den Erfahrungen, die uns geprägt haben. Doch was passiert, wenn wir versuchen, durch die Augen anderer zu schauen? Wie verändert sich unser Blick auf die Welt – und aufeinander?
Unterschiedliche Perspektiven: Chance statt Hürde
Jeder von uns hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Erfahrungen. Was du erlebst, verstehst, fühlst, unterscheidet sich von dem, was jemand anderes erlebt. Vielleicht hast du schon mal gemerkt, wie unterschiedlich Menschen auf dasselbe Ereignis reagieren. Ein einfaches Beispiel: Du sitzt in einem Café, und während du den Sonnenuntergang genießt, denkt die Person neben dir vielleicht an eine bevorstehende Herausforderung. Du fühlst Frieden, während jemand anders gerade Stress erlebt.
Johannes 1,29 beschreibt einen Moment, der Menschen bis heute bewegt: Johannes der Täufer sieht Jesus und sagt: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ Für manche war es ein Moment des Erkennens, für andere ein unverständliches Bild. Diese unterschiedliche Wahrnehmung zieht sich durch das Leben. Aber es steckt eine riesige Chance darin: Wenn wir anerkennen, dass jeder durch seine eigenen Augen sieht, können wir uns einander annähern. Wir müssen nicht immer einer Meinung sein, aber wir können lernen, uns gegenseitig zu verstehen. Denn oft steckt in den unterschiedlichen Perspektiven die Lösung, die wir alleine nie gefunden hätten.
Die Kunst des Zuhörens
Ein anderer Bezug aus der Bibel, der uns eine wichtige Haltung lehren kann, ist Jakobus 1,19: „Seid schnell bereit zu hören, aber lasst euch Zeit, bevor ihr redet oder zornig werdet.“ Es geht darum, das Gespräch zu suchen, ohne sofort zu urteilen. Zuhören ist eine mächtige Gabe. In Diskussionen geht es oft nur darum, das eigene Recht durchzusetzen, den anderen zu überzeugen. Aber was, wenn es nicht ums Gewinnen geht? Was, wenn wir versuchen, die Gedanken und Gefühle des anderen wirklich zu verstehen?
Auch in der Philosophie gibt es Gedanken, die genau das betonen. Der französische Philosoph Emmanuel Levinas spricht von der "Begegnung mit dem Anderen". Für ihn geht es darum, in jedem Menschen das Unbekannte und das Einzigartige zu sehen. Jeder Mensch, den du triffst, hat eine Geschichte, die du nicht kennst. In dieser Begegnung mit dem "Anderen" liegt eine Verantwortung: Wenn wir uns wirklich aufeinander einlassen, lernen wir, dass unsere Sichtweise nur ein Teil eines größeren Ganzen ist.
Gemeinsam Lösungen finden
In unserem Alltag erleben wir es oft: Diskussionen können hitzig werden, besonders wenn es um wichtige Themen geht – in Beziehungen, auf der Arbeit oder bei gesellschaftlichen Fragen. Es scheint, als ob jeder nur darauf wartet, seine Meinung zu verteidigen. Doch was wäre, wenn wir unsere unterschiedlichen Perspektiven nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung sehen? Was, wenn wir die Sichtweise des anderen nutzen, um gemeinsam eine bessere Lösung zu finden?
Das Bild von der Flasche im Text „Ein ganz normaler Tag“ bringt es auf den Punkt: Manche sehen einfach nur eine Wasserflasche, andere sehen etwas Symbolisches darin. Keiner liegt wirklich falsch – es sind nur verschiedene Wege, dieselbe Sache zu betrachten. Ähnlich ist es im Leben: Wir können auf dasselbe Problem schauen, aber durch verschiedene Erfahrungen und Hintergründe zu ganz anderen Schlüssen kommen. Die wahre Kunst liegt darin, die Sichtweise des anderen zu respektieren und Wege zu finden, diese Perspektiven zu verbinden.
Ein Weg, der uns näher bringt
Im Song "Different Eyes" geht es darum, Brücken zu bauen – zwischen Menschen, Meinungen und Welten. Wenn wir akzeptieren, dass wir alle durch unterschiedliche Augen sehen, können wir Missverständnisse abbauen und gemeinsam neue Wege finden. Es ist nicht einfach, immer offen für die Perspektiven anderer zu sein, aber genau hier liegt unser größtes Potenzial. Es sind oft die ganz normalen Tage, an denen es uns gelingt, aufeinander zuzugehen und die Mauern, die uns trennen, abzubauen.
Vielleicht fühlst du dich manchmal missverstanden oder denkst, dass andere einfach nicht deine Sichtweise sehen können. Das ist normal. Aber der Schlüssel liegt darin, einander die Chance zu geben, durch die Augen des anderen zu schauen. Es bedeutet nicht, dass wir unsere eigene Sichtweise aufgeben müssen – aber wir können sie erweitern, indem wir lernen, wie andere die Welt sehen.
Ein paar Gedanken zum Mitnehmen:
Lasst uns versuchen, die Schönheit in den unterschiedlichen Perspektiven zu erkennen und darauf aufbauen. Denn am Ende des Tages sind es oft genau diese Momente des Verständnisses, die uns in Erinnerung bleiben.
Sehen wir die Welt durch andere Augen – und finden wir gemeinsam Wege, die uns näher bringen.
"Different Eyes"
(Verse 1)
Woke up, it felt like just another day,
But something small in me was starting to change.
A memory flashed from way back when,
It was a moment I thought I’d forgotten.
You were standing there, just a stranger then,
But the way you saw things, it made me think again.
We looked at the same scene, but what we both saw,
Wasn’t the same, and maybe that’s the flaw.
(Pre-Chorus)
So many roads that we can’t see,
But we can walk them, you and me.
It’s not about who’s wrong or right,
But finding truth in different lights.
(Chorus)
We see through different eyes, yeah,
You and I, a thousand skies, yeah.
You see one thing, I see another,
Doesn't mean we can’t learn from each other.
A simple day, but we can try,
To cross the gaps that divide our minds.
We see through different eyes, yeah,
And that’s where all the beauty lies.
(Verse 2)
Some days it’s hard to understand,
Why the world’s not fitting in my hands.
But you remind me, I don’t have to be,
The one who’s got all the clarity.
We share the same ground, different stories told,
Every word, like water, taking shape and mold.
And in that bottle, there’s more to see,
Than just what’s in front of you and me.
(Pre-Chorus)
So many voices we can hear,
If we just listen, get past the fear.
It’s not about winning the fight,
But finding strength in shared sight.
(Chorus)
We see through different eyes, yeah,
You and I, a thousand skies, yeah.
You see one thing, I see another,
Doesn't mean we can’t learn from each other.
A simple day, but we can try,
To cross the gaps that divide our minds.
We see through different eyes, yeah,
And that’s where all the beauty lies.
(Bridge)
No, it’s not always easy to see,
The way you look at life so differently.
But maybe that’s the point, maybe that’s the key,
We find the answers in diversity.
So let’s meet halfway, break down the walls,
And see the world through each other’s calls.
(Hook)
Not about who's right, who's wrong,
We’re just two voices in the same song.
So let's look through each other's eyes,
Together we’ll rise, together we’ll rise.
(Chorus)
We see through different eyes, yeah,
You and I, a thousand skies, yeah.
You see one thing, I see another,
Doesn't mean we can’t learn from each other.
A simple day, but we can try,
To cross the gaps that divide our minds.
We see through different eyes, yeah,
And that’s where all the beauty lies.
(Outro)
Different eyes, different skies,
But together we can find the prize.
In the moments that we share,
We’re better off when we all care.
We see through different eyes.
(Lyrics & Music by Gert Holle - 14.10.2024)
"Durch Andere Augen"
(Strophe 1)
Wachte auf, war ein ganz normaler Tag,
Doch irgendwas in mir fühlte sich ganz anders an.
Ein Bild aus der Vergangenheit zog vorbei,
Ein Moment, den ich längst vergessen glaubte.
Du standst da, damals noch ein Fremder,
Doch deine Sichtweise ließ mich neu denken.
Wir schauten dasselbe, doch was wir sah’n,
War nicht das Gleiche, vielleicht lag darin der Plan.
(Pre-Chorus)
So viele Wege, die wir nicht sehen,
Doch wir können sie zusammen gehen.
Es geht nicht darum, wer gewinnt,
Sondern darum, dass man sich versteht.
(Refrain)
Wir sehen durch andere Augen, ja,
Du und ich, ein Himmel aus tausend Farben, ja.
Du siehst dies, und ich seh’ das,
Doch zusammen lernen wir daraus.
Ein ganz normaler Tag, aber wir können’s wagen,
Die Brücken zu bauen, die uns weitertragen.
Wir sehen durch andere Augen, ja,
Und darin liegt die ganze Wahrheit da.
(Strophe 2)
Manchmal fällt es schwer, zu verstehen,
Warum die Welt nicht passt in meinen Händen.
Doch du erinnerst mich, ich muss nicht immer,
Der sein, die alles weiß und kapiert.
Wir teilen den gleichen Boden, doch die Geschichten sind verschieden,
Jedes Wort, wie Wasser, nimmt neue Formen an.
Und in dieser Flasche, da gibt’s viel mehr,
Als das, was vor uns beiden steht, im hier und jetzt.
(Pre-Chorus)
So viele Stimmen, die wir hören könnten,
Wenn wir nur zuhören und die Angst überwinden.
Es geht nicht darum, den Streit zu gewinnen,
Sondern darin, in geteilten Ansichten Sinn zu finden.
(Refrain)
Wir sehen durch andere Augen, ja,
Du und ich, ein Himmel aus tausend Farben, ja.
Du siehst dies, und ich seh’ das,
Doch zusammen lernen wir daraus.
Ein ganz normaler Tag, aber wir können’s wagen,
Die Brücken zu bauen, die uns weitertragen.
Wir sehen durch andere Augen, ja,
Und darin liegt die ganze Wahrheit da.
(Bridge)
Nein, es ist nicht immer leicht zu seh’n,
Wie du die Welt anders betrachtest.
Doch vielleicht ist das der Punkt, vielleicht ist das der Schlüssel,
Die Antwort liegt in der Vielfalt, ganz klar und schlicht.
Also lass uns auf halbem Weg treffen,
Und gemeinsam die Mauern niederbrechen.
(Hook)
Es geht nicht darum, wer Recht hat, wer nicht,
Wir sind zwei Stimmen im selben Lied.
Also schau durch meine Augen,
Zusammen können wir wachsen, zusammen werden wir stark.
(Refrain)
Wir sehen durch andere Augen, ja,
Du und ich, ein Himmel aus tausend Farben, ja.
Du siehst dies, und ich seh’ das,
Doch zusammen lernen wir daraus.
Ein ganz normaler Tag, aber wir können’s wagen,
Die Brücken zu bauen, die uns weitertragen.
Wir sehen durch andere Augen, ja,
Und darin liegt die ganze Wahrheit da.
(Outro)
Andere Augen, anderer Blick,
Doch gemeinsam finden wir das Glück.
In den Momenten, die wir teilen,
Sind wir stärker, wenn wir uns alle beeilen.
Wir sehen durch andere Augen.
(Text & Musik von Gert Holle / 14.10.2024)
(von Gert Holle - veröffentlicht im Kreis-Anzeiger (Oberhessen) im Herbst 2021)
Es gibt Tage, die vergisst Du nicht. Die brennen sich ins Gedächtnis und
treten immer wieder aus der Vergangenheit hervor. Bei dem einen mag es der erste Schultag sein. Bei anderen ein bestimmter Geburtstag, an dem ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung ging. Der Tag,
an dem Du als kleiner Fußballfan Deine Lieblingsmannschaft im Stadion gesehen hast. Oder der Tag, an dem Du Dich das erste Mal so richtig in einen anderen Menschen verliebt hast. Der Tag der
Eheschließung. Als die Kinder zur Welt kamen. Der Tag, an dem Dir Dein Chef, der Dich sonst nie beachtete, ein unerwartetes Lob aussprach. Oder der Tag, an dem sich alles änderte, weil Du in eine
andere Stadt, in ein anderes Dorf gezogen bist. – Ich möchte Sie heute zu einem kleinen Experiment einladen: Halten Sie gleich für ein bis zwei Minuten inne. Schließen Sie Ihre Augen, wandeln Sie
in Ihrer eigenen Vergangenheit und lesen Sie erst dann weiter. Nehmen Sie sich ruhig die Zeit. Also, schließen Sie bitte die Augen. -
Ich bin sicher, Ihnen sind Ereignisse aus Ihrem Leben eingefallen, die lange verborgen waren. An Ihrem inneren Auge zogen vielleicht Erlebnisse vorbei, die einmal so eindrücklich waren, dass sie
schließlich in Ihrer persönlichen Vitrine einen Ehrenplatz bekommen haben. Momente, die mit einmalig schönen Gefühlen verbunden sind, bis zum heutigen Tag. Das eine oder andere schien
möglicherweise für immer vergessen. Aber, und das ist das Phantastische, je emotionaler es war, umso tiefer ist es haften geblieben.
Und dann gab es vielleicht ein Bild, von dem können Sie gar nicht sagen, warum gerade dieses hervorgetreten ist. Und wenn Sie gefragt würden, antworten Sie: „Das war doch damals eigentlich ein
ganz normaler Tag – nichts besonderes. Ich kann es mir nicht erklären.“
Mir ging es ähnlich, als ich gestern einen mir wohl vertrauten Text in der Bibel nach langer Zeit einmal wieder las. Johannes der Täufer steht am Jordan, als Jesus auf ihn zukommt, und spricht:
„Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ Und plötzlich befinde ich mich in einem Raum der theologischen Fakultät an der Mainzer Universität, bin 20 Jahre jünger, sitze mit zwölf
anderen Studenten um einen Tisch herum, sehe Professor Beißer, wie er stumm auf eine Flasche in der Mitte blickt. Endlose Stille. Plötzlich sagt jemand: „Da steht eine Glasflasche!“ Stille. Eine
andere: „Das ist Wasser, Mineralwasser“. Ein Dritter: „Das ist bestimmt Taufwasser aus dem Jordan, das Sie uns mitgebracht haben.“ Wieder endlose Stille. „Eigentlich ist das Wasser hier zum
Trinken“, hob er an. „Aber ich bin verblüfft, was Sie alles in einer simplen Flasche sehen können. Doch greifen wir ihre Gedanken auf, obwohl wir ja über das Thema ‚Glauben und Wissenschaft‘
diskutieren sollten: Gehen wir also an den Jordan und schauen, was sich da laut Bibel abgespielt hat.“ So hörten wir von Johannes, der bezeugte, dass Jesus Gottes Sohn ist. Denn er sah den Geist
auf Jesus wie eine Taube vom Himmel herabfahren und auf ihm bleiben. – Erstaunlich, dass nach so vielen Jahren für mich diese Szene wieder lebendig wurde. Oder doch nicht? – Denn in der Rückschau
war es tatsächlich kein Tag wie jeder andere. Abgesehen von den neu gewonnenen theologischen Erkenntnissen, hatte ich etwas mitgenommen, was mein weiteres Leben und mein Verständnis für Menschen
prägen sollte: Viele Leute können auf ein und dieselbe Flasche blicken, aber tatsächlich hat jeder andere Bilder vor sich und unterschiedliche Gedanken werden ausgelöst. Eigentlich banal. Doch
ich habe mir damals wohl für alle Zeiten klar gemacht: Menschen haben ganz unterschiedliche Blickwinkel und Ansichten, die nicht in die Kategorie ‚wahr oder unwahr‘, ‚richtig oder falsch‘ fallen.
Und dass es so ist, könnte doch für uns alle großartig bereichernd sein. – Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie heute eines Ihrer Bilder aus der Vergangenheit weiterschenken.
Autor: Gert Holle - 14.10.2024