Heile du mich. Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen. (Jer. 17,14 a)

6. - 12. Oktober 2024

Foto: canva.com / Gert Holle
Foto: canva.com / Gert Holle

Von Manfred Günther ( in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts verfasst – aber immer noch aktuell)

 

Bei diesem Vers sieht man wie von selbst ein Bild vor dem geistigen Auge: Da geht einer zum Arzt, von dem er schon viel Gutes gehört hat. Er setzt sich ins vollbesetzte Wartezimmer. Reges Kommen und Gehen. Die Menschen, die noch warten, haben ihre Nöte und Krankheiten im Gesicht geschrieben. Dort liest man aber auch ihre Hoffnung. Die Menschen, die aus dem Behandlungszimmer treten, wirken wie verwandelt: Sie sind froh geworden, die Mienen gelöst, sie sind gesund, heil... Der Neuankömmling wird bestärkt in seiner Erwartung: Hier bin ich beim richtigen Arzt; hier wird mir geholfen werden können! Vielleicht geht unser Patient nun in seinen Gedanken seine Leiden und Beschwerden durch: die Nöte des Herzens, das Leid der Seele, die Ängste in der Nacht, der mangelnde Mut am Tag... Alles das wird er dem Doktor sagen. Er wird die richtige Medizin wissen. Wie er all die anderen Patienten kuriert hat, so wird er auch ihn heilen! Endlich geht die Tür auf. Das »der Nächste, bitte« gilt ihm. Jetzt steht er vor dem Arzt und blickt ihm in die gütigen Augen. Ja, der wird ihn gesund machen! Zu diesem Mann kann man Vertrauen haben: Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen!

 

Können wir uns nicht auch in diesem Bild erkennen?

 

Sitzen wir nicht auch alle in irgendwelchen Wartezimmern? Wie sehr wünschen wir uns, daß uns einer hilft und heilt! Es sind allerdings sehr unterschiedliche »Wartezimmer«, in denen wir Genesung erhoffen: Viele sitzen bei Quacksalbern in der Sprechstunde. Vom Konsum, vom billigen Vergnügen, vom Schwimmen im Trend und hinter jeder Mode herlaufen erwarten sie heilende Wirkung. Andere konsultieren den Herrn Mammon: Geld macht glücklich, heißt sein Rezept. Mehr haben als dein Nachbar, ist die Therapie. Festhalten, was du hast; vermehren, was du besitzt; leisten und sich leisten können; so wird man gesund. Wieder andere wissen gar nicht mehr, in wessen Vorzimmer sie sitzen. Sie sind dumpf geworden über ihrem Warten. Sie hoffen nichts mehr. Sie wünschen nichts mehr. Sie packen nichts mehr an, was ihnen helfen könnte. Irgendwo mag es die Medizin geben, die sie heilt - sie wissen es nicht und lassen die Dinge treiben. Und noch viele andere Wartezimmer gibt es. In einem davon sitzt jeder Mensch, auch wir.

 

Wollen wir uns jetzt nicht einmal fünf Minuten nehmen, um zu bedenken, was eigentlich unsere Leiden und Nöte sind, für die wir Genesung erbitten? Wo wir doch ohnehin warten und noch Zeit haben, bis wir »dran« sind: Meinen wir wirklich, der oberflächliche Spaß an Sachen und Kram, die Kurzweil, das Konsumieren wäre die richtige Kur für uns? Glauben wir denn, die Empfehlungen des Herrn Mammon könnten einen fröhlichen, gesunden Menschen aus uns machen? Wäre heute nicht der Tag und jetzt die Stunde, sich aus dem Immer-so-weiter herauszureißen und einen neuen Versuch zu machen (- beim richtigen Arzt, versteht sich!)?

 

Wir kennen ihn ja alle. Das Neue Testament ist das Buch seiner Heilerfolge. Dort lesen wir auch, wie wir zu ihm gelangen. Schlagen wir auf und lesen - schon sind wir in seinem Wartezimmer. Falten wir die Hände und beten wir - schon beginnt seine Sprechstunde. Jesus Christus heißt der richtige Arzt. Zu diesem Mann kann man Vertrauen haben: Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen!

 

 

In welchem Wartezimmer sitzen Sie?


Autor: Manfred Günther; gelesen von Gert Holle - 6.10.2024