Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. (Jes. 42,3)

18. - 24. August 2024

Foto: canva.com
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Die Andacht zum Wochenspruch – von Manfred Günther – gelesen von Gert Holle


Wochenspruch zur Woche nach dem 12. Sonntag nach dem Trinitatisfest:

 

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. (Jes. 42,3)

 

Zwei Bilder führt uns dieser Spruch vor Augen. Bilder sind ja wichtig zum Verständnis. Man muss sie aber auch verstehen! Was meinen denn diese zwei: Das »geknickte Rohr«, der »glimmende Docht«?

Ein »Rohr«, das im Schilf des Seeufers steht, muss gerade sein und unversehrt. Nur so kann es der Gewalt des Wassers und des Windes widerstehen. Der »Docht« einer Kerze muss die richtige Länge haben, das Wachs muss die Flamme nähren. Ist er einmal zu weit heruntergebrannt, wird die Flamme kleiner und kleiner, schwelt dann nur noch und verlischt - Was beschreiben diese Bilder?

Eine Nachbarin hat kürzlich gesagt: »Als mein Mann damals starb, das hat bei mir einen Knacks gegeben!« Wenn die Liebe zwischen zwei Menschen kaputtgeht, sprechen wir von »gebrochenem Herzen«. Ist ein »geknicktes Rohr« nicht ein ähnliches Bild?

Wir haben alle schon erlebt, dass ein »Funke übergesprungen« ist. Die Dichter schreiben von der »Flamme der Eifersucht«, der »Glut der Liebe«, die am Ende oft zu »kalter Asche« wird. Passt der »glimmende Docht« nicht gut in diese Galerie von Bildern?

Aber es wird Zeit, die Verheißung zu sehen, die uns diese Bilder vermitteln wollen: Das »Rohr« soll eben nicht zerbrechen! Der »Docht« soll nicht verlöschen! - Wie oft fühlen wir uns doch genau so: Am Boden zerstört. Keine Hoffnung mehr. Angst vor dem nächsten Tag. Mutlos, kurz vor dem Aufgeben. Wie oft schon - vielleicht gerade heute? Wenn wir in solchen Gefühlen sind, meinen wir schnell: Das kann nur auf das »Zerbrechen« und »Auslöschen« hinauslaufen! Einen anderen Sinn können wir meist nicht sehen, wenn es erst soweit ist, wenn das Rohr erst die Bruchstelle hat, wenn die Flamme erst flackert...

 

Ob uns diese Bilder, wenn wir sie selbst an Leib und Seele erleiden, nicht auch etwas anderes zeigen möchten? Ja, ob nicht dieses »andere« ihre eigentliche Aufgabe sein soll? Das »Rohr«, das den Knick hat, war ja offenbar zu schwach für den Ansturm von Wind und Wellen! Der »Docht«, der dem Verlöschen nahe ist, hatte ja wohl zu wenig Nahrung für seine Flamme! Wenn wir das sind: das »Rohr«, der »Docht«...? Vielleicht ist unsere Verbindung mit dem abgerissen, der das Rohr, den Docht und alles in seinen Händen hält? Vielleicht ist das ein Wink dessen, der uns diese Bilder vorlegen lässt: Du hast den Halt verlassen, der dich allen Gewalten und Mächten widerstehen lässt. Vielleicht möchte er uns deutlich machen: Ihr lebt längst nicht mehr aus der »Nahrung«, die allein eure Lebensflamme kräftig erhält? Ob wir nicht auch einmal so denken sollten?

Aber der »Knick«, das drohende »Verlöschen«, ist nicht das letzte! Wir können darüber hinauskommen! Besser: Wir können uns darüber hinausbringen lassen, denn: Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen!

 

Unsere Sache dabei wird sein, neu den Halt zu suchen, den ER uns bietet. Lassen wir uns doch mit »Wachs« für die Flamme unseres Lebens und unserer Liebe versorgen! Es ist uns versprochen, dass wir noch nicht am Ende sind, so klein und mutlos wir uns heute vielleicht auch fühlen. Wollen wir uns die beiden Bilder, die uns der Wochenspruch malt, nicht als Wink und Hilfe dienen lassen?