23.10.2024
(Leipzig/ots) - Digital barrierefrei rund um die Uhr: Beim 12. Spitzentreffen des MDR-Intendanten Ralf Ludwig mit den mitteldeutschen Behindertenverbänden und wissenschaftlichen Einrichtungen am 23. Oktober in Leipzig hat der MDR angekündigt, die Barrierefreiheit in den Mediatheken und im Web zügig auszubauen und den hohen Standard aus dem MDR-Fernsehen auch im Digitalen zu erreichen. Bereits heute sind die MDR-Angebote in der ARD Mediathek zu 91 Prozent untertitelt. Um den weiteren Ausbau der Barrierefreiheit sicherzustellen, fordern die Verbände auch künftig eine auskömmliche Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Aktuell leben laut Statistischen Bundesamt knapp 8 Millionen Menschen in Deutschland mit einer Behinderung. Bei 23 Prozent liegt eine Sinnesbeeinträchtigung oder eine kognitive Einschränkung vor.
MDR-Intendant Ralf Ludwig: „Ich freue mich, dass wir die lange und verbindende Tradition des gemeinsamen Austauschs des MDR mit den Behindertenverbänden aus Mitteldeutschland fortsetzen. Das durch den Dialog gewachsene Vertrauen hat dazu beigetragen, dass ein großer Teil unserer MDR-Angebote heute fast schon ein Synonym für Barrierefreiheit ist. Wir wollen diese barrierefreien Angebote auch im Digitalen weiter konsequent ausbauen. Denn unser Ziel ist es, den hohen Standard der Barrierefreiheit auch ins Web und in die Mediathek zu übertragen. Wir wollen beispielsweise angesichts der Wahljahre 2024 und 2025 sicherstellen, dass unsere modernen Informationsangebote auf allen Ausspielwegen barrierefrei von allen Menschen genutzt werden können. Das gehört auch zu unserer Strategie ‚MDR für alle‘. Zudem setzen wir als Mitteldeutscher Rundfunk verantwortungsvoll auf neueste Technologien, wie zum Beispiel die Unterstützung durch Künstliche Intelligenz (KI), wo sie sinnvoll angebracht ist. So können wir bereits jetzt für hörgeschädigte Sportfans mit Hilfe einer KI webexklusiv regionale Fußballspiele untertiteln.“
Schauspieler und Comedian Tan Caglar, u.a. „In aller Freundschaft“ und Host der MDR-Reihe „Selbstbestimmt“: „Ich finde das Spitzentreffen mit den Behindertenverbänden sehr wichtig und freue mich, dass die barrierefreien Angebote immer umfangreicher werden. Als sich der MDR entschlossen hatte, die Rolle eines Arztes im Rollstuhl mit einem tatsächlich behinderten Menschen zu besetzen, fand ich das sehr mutig und als eine Art Vorreiterrolle, die der MDR einnimmt. Das hat Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft nicht nur sichtbarer sondern auch selbstverständlicher gemacht. Mittlerweile spielt für die Serienfans die Behinderung keine Rolle mehr. Sie sehen nur den Arzt aus „IaF“. Jetzt würde ich mir wünschen, dass behinderte Menschen in ganz vielen und unterschiedlichen Formaten aktiv beteiligt sind.“
Kostenbewusst mit Hilfe von KI
Bereits heute bietet der MDR 91 Prozent seiner Bewegtbildangebote in der Mediathek untertitelt an. Damit können Menschen mit Hörbeeinträchtigung, das ist jeder Fünfte im Sendgebiet, das vielfältige Angebot zeitunabhängig und barrierefrei nutzen. Auch bei der Audiodeskription verzeichnet der MDR eine Steigerung. Täglich bietet das MDR-Fernsehen ca. 6 Stunden mit Hörbeschreibung an. Darunter etwa 250 neuproduzierte Sendungen. Hinzu kommen etwa 38.000 Sendeminuten im Jahr, die der MDR mit Gebärdensprache ausstattet. Darunter Reportagen oder auch die Unterhaltungsshow Goldene Henne. Allein bei den Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen 2024 wurden über 1.000 Sendeminuten in Gebärdensprache übersetzt und damit alle Sondersendungen in Gebärdensprache übertragen.
Insgesamt umfassen die barrierefreien MDR-Angebote in der ARD Mediathek mehr als eine Million Sendeminuten. Dazu zählen alle TV-Angebote sowie viele zusätzliche web-exklusive Reportagen, Filme, Serien, Sportveranstaltungen, Unterhaltungsformate. Weiterhin macht der MDR auch seine Angebote in der ARD Audiothek konsequent zugänglich für Menschen mit Hörbehinderung. Bereits heute stehen hier ausgewählte Angebote in Textform zum Nachlesen zur Verfügung. So kann z.B. der Podcast „Wahlkreis Ost“ oder auch „Weltgeschichte vor der Haustür“ nachgelesen werden. Ergänzt wird das barrierefreie Angebot durch Nachrichten in Leichter Sprache zum Lesen und Hören. Damit informiert der MDR Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten sowie funktionale Analphabeten tagesaktuell über die wichtigsten Ereignisse im Sendgebiet. Für den weiteren Ausbaus der Barrierefreiheit nutzt der MDR auch neueste Technologien, wie die Künstliche Intelligenz (KI). So untertitelt der MDR erstmals im Probebetrieb regionale Fußballangebote exklusiv im Netz mithilfe von KI. Im kommenden Jahr sollen dann möglichst alle MDR-Livestreams untertitelt zur Verfügung stehen. Dank der KI können Untertitel kosteneffizient generiert werden.
Auf dem neuesten Stand dank Austausch
Neue barrierefreie Verfahren entwickelt der MDR synergetisch in ARD-Kooperationen und zusammen mit den wissenschaftlichen Einrichtungen, z.B. für die Übersetzung in Gebärdensprache. Bei allen Neu- oder Weiterentwicklungen barrierefreier Technologien setzt der MDR zudem konsequent auf Inklusion und Dialog: Bereits seit vielen Jahren bindet der MDR die Fachexperten aus den Behindertenverbänden und wissenschaftlichen Einrichtungen, wie das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen –dzb lesen–ein. Das Angebot in Leichter Sprache wird mit Hilfe kognitiv eingeschränkter Menschen übersetzt. Genauso wird die Qualität der MDR-Untertitelung durch schwerhörige Menschen evaluiert.
Über das Spitzentreffen
Das Spitzentreffen von MDR, Behindertenverbänden, Politik und wissenschaftlichen Einrichtungen findet 2024 bereits zum zwölften Mal in Leipzig statt. Hintergrund der Veranstaltung zur Inklusion ist der Dialog und die gemeinsame Entwicklung und Etablierung neuer programmbegleitender Technologien für Menschen mit Behinderungen. Beteiligt sind Verbände, Institutionen und Politik aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen.
Barrierefreiheit im MDR
Der Mitteldeutsche Rundfunk ermöglicht mit seinen barrierefreien Angeboten Menschen mit einer Hör- oder Sehbehinderung sowie Menschen mit kognitiven Einschränkungen den Zugang zu seinen Programmen: 23 Stunden werden im Durchschnitt täglich im MDR-Fernsehens untertitelt. Für sechs Stunden TV-Programm werden täglich Hörfassungen angeboten. Dazu kommen jährlich mehr als 37.000 Sendeminuten mit Gebärdensprache. Zudem gibt es montags bis freitags Nachrichten in Leichter Sprache auch als Podcast zum Hören. Zudem werden ausgewählte Podcasts vom MDR zur Nachlese für höreingeschränkte Menschen verschriftlicht angeboten.
Weitere Informationen zum Thema Barrierefreiheit unter: www.mdr.de/barrierefreiheit
Stimmen aus den Verbänden und Institutionen
Dr. Thomas Kahlisch, Direktor dzb lesen
„Ich bin sehr zufrieden mit den barrierefreien Angeboten beim MDR. Vor allem die vielfältigen Dokumentationen mit Audiodeskription (AD) sind ganz hervorragend. Dennoch sorge ich mich, dass unter den aktuellen Sparzwängen das Barrierefreiheitsangebot nicht weiterentwickelt wird. Meine Frage, wie wird sichergestellt, dass ab Sommer 2025, wenn der aktuelle Umsetzungsplan endet und neue Konzepte entwickelt werden müssen, nicht mit ausreichender Kapazität an der Thematik gearbeitet wird. Ich würde mir wünschen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch künftig auskömmlich finanziert wird, um auch die Barrierefreiheit weiterzuentwickeln.“
Denise Natschack, Koordinatorin Landesverband der Gehörlosen Sachsen
„Wir schätzen die stetigen Bemühungen das MDR die barrierefreien Angebote auszubauen und sind im Wesentlichen zufrieden mit den Ergebnissen. Die Untertitel des MDR sehr gut, auch wenn es das ein oder andere Mal - sicherlich aufgrund der Technik - kleine Stolpersteine gibt. Wir wünschen uns eine stärkere Präsenz gehörloser Gebärdensprachdolmetscher und Beteiligung gehörloser Personen generell, so z.B. bei Interviews zu gehörlosenspezifischen Themen.“
Christel Pildner, Landesvorsitzende Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen-Anhalt e.V.
„Auch 2023/224 hat der MDR die barrierefreie Ausstattung seiner Beiträge für Menschen mit Sinnesbehinderungen, aber auch für solche mit sprachlichen und verständnisbedingten Einschränkungen weiter ausgebaut. Das erkennen wir einerseits hoch an, gehen aber davon aus, dass es eine unverzichtbare besondere Aufgabe des beitragsfinanzierten ÖRR sein muss, sein Angebot auch für diesen Personenkreis weitestmöglich zugänglich zu machen. Während das Angebot an Untertitelungen bereits annähernd alle TV-Sendungen umfasst, erreicht die Bildbeschreibung für blinde und sehbehinderte Zuschauer bzw. Nutzer zwar bereits ein deutlich höheres Niveau, wir wünschen uns aber mehr Live-Audiodeskription auch im Informationsbereich, also in den tagesaktuellen Beiträgen, Nachrichtensendungen, Ländermagazinen Erfreulich ist, dass der MDR nach wie vor nicht nur fiktionale Beiträge wie Kriminalfilme, Serien oder Märchenfilme mit Audiodeskription ausstattet, sondern zunehmend auch Dokumentationen, Unterhaltungsshows und Sportübertragungen. Auch das Angebot auf mdr.de ist gut zugänglich und bedienbar, einschließlich der Vorlesefunktion mit immer besser verständlicher synthetischer Sprache. Wir hoffen sehr, dass die Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) hier weitere Fortschritte bringen wird. Falls es im Zusammenhang mit der Staatsvertrags- und Beitragsdiskussion zu Verringerungen von Programmangeboten des ÖRR oder Zusammenlegungen kommen sollte, darf dies keinesfalls zu Lasten der barrierefreien Angebote, etwa des Anteils von Sendungen mit Audiodeskription, gehen.“
Irmtraud Sieland, Leiterin SHG Taubblinde Thüringen
„Ich freue mich, dass der MDR derzeit etwa 95 Prozent seines Fernsehprogramms untertitelt hat. Bedauerlicherweise sind die Untertitel in rot und lila mit schwarzen Balken nicht barrierefrei. Für die Untertitel wären lediglich weiße, gelbe und cyanfarbene UT-Farben erforderlich. Die Gebärdendolmetscher im MDR finde ich sehr gut. Ich würde mir wünschen, dass es die Dolmetscher nicht nur in der Mediathek und über HbbTV sondern auch im linearen Fernsehen gibt. Zum Beispiel bei Übertragungen von Gottesdiensten oder bei bei den bald wieder anstehenden Weihnachtskonzerten.“
Andreas Schneider, Vorsitzender des Landesvorstandes des Blinden- und Sehbehindertenverband Sachsen e. V.
„Als treuer Zuschauer und Hörer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bin ich an einem guten MDR mit seinen heimatbezogenen Themen und Informationen nicht nur interessiert, sondern auch angewiesen. Im Bereich der Audiodeskription macht der MDR ein sehr gutes Angebot. Als Beispiel für gutes Serienfernsehen könnte z. B. „Der Ranger“ oder „WAPO Elbe“ gelten. Sie spielen in der Heimat, greifen aktuelle Themen auf und haben das Zeug dazu, die Sachsen vor den Fernseher zu bringen. Als blinder Mensch bin ich auf die Hörbeschreibung angewiesen und auf die Informationen aus den Dialogen und musste Folgendes feststellen: Nicht einer der Hauptprotagonisten spricht unseren Heimatdialekt, und wenn, dann nur in einer Nebenrolle. Es würde den Produzenten der ‚Rosenheim-Cops‘ oder von ‚Tatort Wien‘ nicht mal im Traum einfallen, Sprache und Dialekt zu verleugnen, das ist identitätsstiftend und selbstbewusst und gibt den Menschen der Region ein gutes Gefühl.“
Anja Seidel, Leben mit Handicaps e.V, Leitung Leichte und Steven Wallner, Vertreter Menschen mit Lernschwierigkeiten
„Das Angebot in Leichter Sprache auf der MDR-Webseite ist sehr lobenswert. Wir würden uns zudem über eine Nachrichtensendung in Leichter Sprache freuen. Ein „MDR Aktuell“ um 19.30 Uhr auch in Leichter Sprache wäre unser Wunsch. Auch eine reduzierte Sprechgeschwindigkeit in den Nachrichten wäre wünschenswert. Befürworten würden wir uns auch Radio-Sendungen in Leichter Sprache. Zudem sollte das Angebot in Leichter Sprache auf der Webseite mit einem Button sichtbarer gemacht und stärker beworben werden. In der ARD Mediathek wünschen wir uns die Inhaltszusammenfassungen auch in Leichter Sprache.“