Rolf Kühn - "Fearless" wird posthum veröffentlicht

Foto: Timo Jäger
Foto: Timo Jäger

30.09.2024

 

(Uhldingen/cdp) - Am gestrigen Sonntag, den 29.September, wäre der Grandseigneur des Jazz Rolf Kühn 95 Jahre alt geworden. Kühn war, nicht nur nach Aussage seines Bruders Joachim, ein Klarinettist von Weltrang. Er hat den Jazz fast 70 Jahre lang geprägt und unzählige Musikerinnen und Musiker mit seinem weiten musikalischen Horizont inspiriert.


Kühn verstarb am 18. August 2022 in Berlin und arbeitete die Monate zuvor mit seiner Band an seinem neuen Album, das für ihn gewiss nicht sein letztes hätte werden sollen. Seine Plattenfirma MPS veröffentlicht Fearless - so der Albumtitel- am 6. Dezember auf CD und Vinyl.

Deutscher Jazzpreis 2023 Lebenswerk 
zusammen mit Bruder Joachim

 

 

 

Besetzung:
Rolf Kühn – Klarinette
Frank Chastenier – Piano
Lisa Wulff – Kontrabass
Túpac Mantilla – Drums, Percussion
Cuareim Quartet
 

Rolf Kühn war ein Ausnahmekünstler, ein deutscher Jazzmusiker der Königsklasse, einer der ganz wenigen von Weltformat, so der Kritiker Bert Noglik. Dass es seine letzte Aufnahme sein würde, wusste Kühn nicht, als er sich Ende Juni 2022 mit seinem Quartett im Berliner Hansa Studio traf. Und so wird es auch für die Jazzwelt eine Überraschung sein, mit Fearless noch ein letztes Album des „Gentleman des Jazz“ (FAZ) zu erleben, welches nun als musikalisches Testament erscheint. Ganz in seinem Sinne, behutsam sowie mit großer Liebe und Respekt für seine Wünsche wurde es von seinem engsten Umkreis, seinem Bruder Joachim, seiner Frau Melanie, seiner Band sowie Arrangeur Jörg Achim Keller fertiggestellt und kuratiert.

Die balladesken, aber auch die schnellen, vorantreibenden Kompositionen von Kühn lassen stets Freiräume zu für das, was für ihn den Jazz ausmachte: die Musik gemeinsam entstehen zu lassen, fliegen zu lassen in einer sich im Zuhören und Fühlen entwickelnden Improvisation. Diesmal, sagte er während der Aufnahmen, habe er das Material als persönliches Experiment geschrieben und zum ersten Mal nicht am Klavier komponiert, sondern die Musik direkt notiert. „Das Klavier war immer das Kontrollinstrument. Jetzt habe ich das Gefühl, ich brauche es nicht mehr“. Die Themen seiner Stücke seien durchkomponiert, doch dazwischen sei alles frei und entstehe aus dem Moment heraus. Auch sei nicht festgelegt, wer das erste Solo spiele, diese Art von Spontaneität sei ihm immer wichtig gewesen.

 

Auf Fearless finden sich sieben eigene Kompositionen Kühns sowie drei Coverversionen. Wenn man das Album hört, ist da dieser virtuose, scharfkonturierte und doch warme Klarinettenton, auch in den leisen Tönen kristallin und akzentuiert, schreibt seine Biografin Maxi Broecking in den Liner Notes. In den zärtlich verträumten Balladen wie „Somewhere“ (L. Bernstein) oder „Tears in Heaven“ (E. Clapton) ebenso wie in dem spontan im Studio entstandenen „Free Exit“.

2023 erhielt Rolf Kühn posthum den Deutschen Jazzpreis für sein Lebenswerk (zusammen mit seinem Bruder Joachim). Joachim Kühn„Schon seit Anfang der Sechziger Jahre ist mein Bruder Rolf für mich der weltbeste Jazzklarinettist. Das ist auch bis heute so geblieben. Sein Ton ist unübertroffen und sofort erkennbar. Jetzt, mit 92 Jahren, seine letzte Platte. Ganz neue, eigenständige Kompositionen. In seinen Solos hört man so viel Seele und Feeling wie noch nie. Ein wahres, großartiges Vermächtnis.

 

Kühns Quartett stand wie kein anderes für das Zusammentreffen von vier Generationen, die in der Musik die Begrenzung von Zeit und Raum überwinden: Bassistin Lisa Wulff, Perkussionist Túpac Mantilla, Pianist Frank Chastenier und Kühn selbst, 92-jährig an der Klarinette.

Beim schließlich letzten Konzert des Klarinettisten Anfang Juni 2022 in der Hamburger Elbphilharmonie spielte er erstmalig mit dem Geiger Rodrigo Bauzá. Wie er es sich gewünscht hatte, aber zuletzt nicht mehr selbst hören konnte, wurden nachträglich einzelne Aufnahmen mit Streicherarrangements Jörg Achim Kellers für Bauzás Cuareim Quartet ergänzt. Dieses Collageverfahren hatte er bereits in früheren Aufnahmen für MPS verwendet, wie bei seinem Album Symphonic Swampfire. Musikalische Grenzen auslotend und erweiternd, seiner eigenen Klangidee folgend. Der Musik, die er liebte, bis zuletzt. Furchtlos. Kühn.

Einen ersten Einblick in das Album gewährt die am 27.09. veröffentlichte Single „Somewhere“, ein in den 1950er Jahren von Leonard Bernstein für die „West Side Story“ geschriebener Klassiker, jener Zeit, in der Kühn in den USA lebte. Seine Interpretation hatte er nur ein einziges Mal öffentlich gespielt, beim X-Jazz-Festival am 3. Mai 2022 in der Berliner Emmauskirche.


Pressezitate
»Der coolste Jazzmusiker Deutschlands.« (Josef Engels, Die Welt, 04.10.2106)

 

»Er zählt zur Königsklasse des deutschen Jazz. Der Klarinettist Rolf Kühn – ein Musiker von Weltformat..« (Bert Noglik, MDR Kultur, CD des Jahres JAZZ, 15.12.2016)


»Er hält die Zügel in der Hand und versteht es, mit seinem körperlich-warmen Klarinettenton aus Motivkürzeln packende Statements zu entwickeln.« (Jazzthing)

Foto: mps / edel
Foto: mps / edel

Tracklist(LP/CD):
Side A:
Alpha 47
Fun for Kids
Somewhere
As Cape
Tears in Heaven

Side B:
Fearless
The Summer Knows
Simply Red Plus
A Lost Story
Free Exit

Formate:
1LP, 180g, Gatefold (0220182MS1)
CD Digipak (0220183MS1)