Seelsorgegespräch vor der Kühltheke

Christian Bauer wird Pastoralreferent und will ein positives Gesicht von Kirche zeigen

Foto: © Sarah Schött/Paulinus Wochenzeitung
Foto: © Sarah Schött/Paulinus Wochenzeitung

Es sind Begegnungen wie diese, die Christian Bauer in seiner Berufswahl bestätigen. Er wird am 31. August von Weihbischof Jörg Michael Peters offiziell als Pastoralreferent beauftragt.  

 

12.08.2024

 

Von Simone Bastreri

 

(Adenau-Gerolstein/sb) – Ein Seelsorge-Gespräch vor der Fleischtheke im Supermarkt? Mit dem angehenden Pastoralreferenten Christian Bauer aus Daun kein Problem: „Da stand neulich eine Frau ganz verloren vor der Kühltheke und sagte: ‚Manchmal kommt man sich vor wie blöd‘ und ich antwortete: ‚Ja, kenne ich das Gefühl‘.“ Die Frau habe angefangen, vom Grund für ihre Verwirrung zu erzählen: Ihr Mann sei genau vor einem halben Jahr gestorben. „Plötzlich waren wir mitten im Gespräch. Nach 30 Minuten habe ich ihr meine Kontaktdaten und die von der Caritas-Trauerbegleitung auf einen Bon geschrieben. Dann hat jeder seine Einkäufe weiter erledigt“, erinnert sich der 28-Jährige lächelnd. Es seien Begegnungen wie diese, die ihn in seiner Berufswahl bestätigen. „In dem Moment dachte ich, das ist es, was Seelsorge ausmacht. Menschen ein positives Gefühl geben. Wenn sie das dann noch mit Kirche, oder sei es auch nur mit christlichen Werten assoziieren, dann ist für mich alles gewonnen“, sagt Bauer, der derzeit die letzten Wochen seines praktischen Ausbildungsteils im Pastoralen Raum Adenau-Gerolstein absolviert. Nach Theologiestudium und drei Jahren Pastoralassistenz wird er am 31. August im Trierer Dom von Weihbischof Jörg Michael Peters offiziell als Pastoralreferent beauftragt.  

 

„Für eine offene und zugewandte Kirche stehen“ 

Junge Menschen, die einen kirchlichen Beruf wählen – das ist heute eher die Ausnahme. Nicht selten stößt eine solche Entscheidung auch im Freundes- oder Familienkreis auf Erstaunen oder gar Unverständnis. „Auch nach drei Jahren Berufsausbildung kommen immer noch Fragen wie ‚willst du dir das wirklich antun?‘ und ‚wie kannst du für eine Kirche arbeiten, die so viele Negativschlagzeilen macht?‘“ Irgendwann habe er ein wenig trotzig geantwortet: „Wenn ich etwas verändern will, muss ich drin sein. Ich renoviere ja auch mein Wohnzimmer nicht vom Vorgarten aus.“ Mit seinem Gesicht wolle er für eine offene und zugewandte Kirche stehen. Diese Einstellung teil er mit den anderen aus seinem Pastoralkurs, die zu Gemeinde- oder Pastoralreferent*innen ernannt werden. So rang die Gruppe an Bauers Küchentisch um ein passendes Motto für den Beauftragungsgottesdienst und entschied sich schließlich sehr symbolisch für das Bibelwort „Sei mutig und stark“.  

 

Kirche als ein Stück Heimat 

1995 in Mannheim geboren, in Weilerbach bei Kaiserslautern in der Pfalz aufgewachsen, habe Bauer überwiegend gute Erfahrungen mit Kirche gemacht und sie als ein Stück Heimat erlebt, mit dem er manchmal aber auch hadere, wie er erzählt. „Trotzdem finde ich, dass die Kirche gerade im diakonischen Bereich so viele Möglichkeiten hat, die Botschaften des Evangeliums in die Welt zu tragen.“ Ab der Erstkommunion als Messdiener engagiert, später auch in der Gremienarbeit als Jugendvertreter, habe er Kirche von ihrer institutionellen Seite kennengelernt. „Für mich stand schnell fest, es wird ein Beruf im Kontext von Kirche und Religion – zuerst dachte ich an Religionslehrer.“ Schließlich schrieb sich Bauer an der Theologischen Fakultät Trier für ein Vollstudium ein und lernte dort durch Kommilitonen überhaupt erst den Berufszweig des Pastoralreferenten kennen.   

 

Herausforderungen der Pastoralen Räume erkennen 

Bauer engagierte sich auch im Studium weiterhin ehrenamtlich – etwa als Verantwortlicher der Nikolausaktion des Mentorats der Theologischen Fakultät. Als Nikoläuse und Engel verkleidet, besuchen Studierende Familien am Nikolausabend und machen den Kindern eine Freude. Durch die Aktion fand Bauer jedoch nicht nur ein erfüllendes Engagement, sondern auch seine jetzige Frau, die den Pastoralkurs ein Jahr unter ihm besucht. Bauer verbrachte sein erstes praktisches Jahr im damaligen Dekanat Remagen-Brohltal, anschließend ging es für ihn in die Eifel, wo er auch künftig dem Team angehören wird. Auf die jeweiligen Regionen müsse man sich einstellen, so der dunkelhaarige junge Mann mit der Brille. An der Rhein-Schiene seien die Wege kürzer, da mehr Menschen auf engerem Raum leben. In der weitläufigen Eifel dagegen existierten mehrere kleine sozialräumliche Zentren, wo sich das Leben abspiele. Dabei gerate das alltägliche Leben in den Dörfern – gerade jenes der älteren – oft etwas aus dem Blickfeld. Von der Grenze zu Nordrheinwestfalen bis weit ins Kylltal hinein erstreckt sich der Pastorale Raum. Er selbst lebt mit seiner Frau in Daun, der „strategischen Mitte“, von der aus er alle Orte ungefähr gleich schnell erreichen kann – obwohl Daun knapp außerhalb des Pastoralen Raums liegt. „Wenn man Veranstaltungen anbietet, muss man immer bedenken, dass die Leute von fast überall bis zu einer Dreiviertelstunde fahren.“   

 

Anstrengende Phase der Berufseinführung endet nun 

Mit der Beauftragung endet für Bauer die Berufseinführung – eine Phase voller Herausforderungen. „Man kommt aus dem Studium, ist vielleicht noch etwas blauäugig, auch wenn man schon viel Handwerkszeug mitgenommen hat. Aber dann ist die pastorale Arbeit nochmal was ganz anderes. Außerdem arbeiten wir in zwei Systemen, die nicht immer gut miteinander zu verbinden sind, nämlich Seelsorge und Schuldienst.“ Für Bauer ist vollkommen klar, dass er sich künftig auf die Pastoral konzentrieren will, auch wenn er dankbar für die Zeit an der Realschule-Plus Adenau ist: „Rückblickend habe ich da so Vieles gelernt – das Sprechen vor großen Gruppen, das Aufnehmen von Impulsen. Mir war es immer wichtig, meinen Unterricht so zu gestalten, dass die Schüler auch etwas für ihr Leben mitnehmen können. Dass die Themen behandelt werden, die sie interessieren.“ Bauer findet, dass mit guten Absprachen und realistischen Erwartungen der Schulunterricht durchaus seinen Platz in der Seelsorge-Ausbildung verdient. 

Abends entspanne er sich gern einfach auf der Couch, sagt Christian Bauer, aber den Seelsorger einfach an der Haustür abstreifen könne er nicht, zumal seine Frau und er im gleichen Beruf arbeiten. „Man spricht über die Arbeit und dann kommt ein Gedanke zum anderen, man spinnt auch mal rum oder stößt bei Freizeitaktivitäten auf Ideen. Es ist das größte Glück für mich, in meiner Frau jemanden zu haben, die genau weiß, wovon ich spreche und die mir so einen Rückhalt gibt.“