Nicht in Gottes Namen

Neue Dokumentation über verfolgte Geistliche und Ordensangehörige im Nationalsozialismus vorgestellt

Dekan Hans-Georg Müller begrüßt das Premierenpublikum im Rathaus der Gemeinde Schwalbach. © Ute Kirch
Dekan Hans-Georg Müller begrüßt das Premierenpublikum im Rathaus der Gemeinde Schwalbach. © Ute Kirch

Die Dokumentation "Nicht in Gottes Namen" des  Filmemachers Adolf Winkler zeigt die Verfolgung von Priestern und Ordensangehörigen im Nationalsozialismus, sowie das Schicksal des letzten Oberrabbiners der Stadt Trier.

 

18.03.2025

 

Von Ute Kirch

 

(Schwalbach/Bitburg/uk) – Als die Pfarrer Johannes Schulz und Josef Zillicken am Nachmittag des 27. Mai 1940 auf der Terrasse des Gasthauses Waldfrieden bei Maria Laach saßen, ahnten sie noch nicht, dass sie in wenigen Augenblicken eine Entscheidung treffen, die ihr Leben auf dramatische Weise verändern würde. Denn plötzlich betrat Reichsmarschall Hermann Göring, einer der mächtigsten Männer des Dritten Reichs, mit Gefolge das Gasthaus. Während die übrigen Gäste aufsprangen und Göring mit dem Hitlergruß begrüßten, blieben Zillicken und Schulz demonstrativ sitzen – ein stiller, aber deutlicher Akt des Widerstandes, der nicht folgenlos blieb. Mit dieser Szene, nachgestellt von Schauspielern, beginnt die rund 100-minütige Dokumentation „Nicht in Gottes Namen: Verfolgte Geistliche und Ordensangehörige im Nationalsozialismus" des Filmemachers Adolf Winkler aus Bitburg. Über 80 Personen kamen zur Premiere am Freitag, 14. März, im Schwalbacher Rathaus.

 

Historische Filmaufnahmen und schwarz-weiß Fotos wechseln sich in der Dokumentation mit nachgestellten Szenen an den Originalschauplätzen und Experteninterviews ab. Auf diese Weise zeichnet Winkler die Biographien von rund einem Dutzend verfolgter Geistlicher und Ordensleuten im Gebiet des Bistums Trier nach – darunter auch Ordensschwestern, evangelische Pfarrer sowie dem letzten Oberrabbiner von Trier Dr. Adolf Altmann. Ihre Glaubenszeugnisse bettet der Film in eine differenzierte Darstellung der historischen Ereignisse ein: von der Machtergreifung Hitlers, dem Reichskonkordat zwischen dem Dritten Reich und dem Heiligen Stuhl, der Reichspogromnacht sowie dem Kriegsverlauf. Als Interviewpartner kommen neben den Bischöfen Dr. Felix Genn und Dr. Stephan Ackermann, Historiker, Vertreter der Orden auch Verwandte der Verfolgten zu Wort.

 

Zwei Jahre lang hat Winkler an der Dokumentation gearbeitet, für die er an die Originalschauplätze gereist ist: Neben Orten im Bistum wie Elm, Mendig, Nickenich, Wassenach oder Trier reiste er in die Konzentrationslager Dachau und Buchenwald sowie nach Amsterdam, dem letzten Wohnort des Oberrabbiners Altmann und nach England, wo in einem Archiv die Briefe Altmanns aufbewahrt werden. „Material hätte ich für zwei Filme gehabt“, sagt Adolf Winkler. Der gelernte Kardiotechniker aus Bitburg war ursprünglich als Naturfilmer aktiv, bevor er sich historischen Stoffen zuwandte.  Die Idee zu “Nicht in Gottes Namen” sei entstanden, als er vor dem Trierer Priesterseminar die Stolpersteine für verfolgte und ermordete Priester entdeckt habe. Für die nachgestellten Szenen griff er auf Personen aus dem Bekanntenkreis zurück: Neben Ärzten des Brüderkrankenhauses wirken auch Messdiener der Pfarrei Heilig Kreuz Schwalbach als Darsteller mit.

 

Wehrkraftzersetzung, Feindbegünstigung, Volksverhetzung oder Kanzelmissbrauch – so lautete die Anklage des NS-Regimes gegenüber widerständigen Priestern – darunter Pfarrer Joseph Bechtel und sein Kaplan Peter Schlicker, die Pfarrer Jakob Ziegler, Wilhelm Caroli, Fritz Seitz und Johannes Ries. Sie wurden verhaftet, weil sie sich weigerten, die Hakenkreuz-Flagge am Kirchturm zu hissen, offen am Endsieg zweifelten, Milde gegenüber Kriegsgefangenen zeigten, die Jugendarbeit nicht den Nazis überlassen wollten, sich gegen den Antisemitismus aussprachen oder in ihren Predigten herrschendes Unrecht anprangerten. Viele von ihnen landeten im sogenannten Priesterblock im KZ Dachau. So auch die Pastoren Schulz und Zillicken. Schon vor ihrem stillen Widerstand hatten sich beide kritisch über den Nationalsozialismus geäußert. Noch am Abend nach dem Besuch im „Waldfrieden“ lässt Göring sie verhaften. Nach Monaten harter Zwangsarbeit sterben sie 1942 kurz nacheinander in Dachau am Ende ihrer Kräfte.

 

Neben Bistumspriestern widmet sich die Dokumentation auch mehreren Pallotinner-Patern, die Widerstand leisteten, etwa Pater Franz Reinisch. Dass auch Ordensschwestern, die das NS-Regime kritisierten, im KZ endeten, zeigt die Dokumentation anhand der Biographien von Edith Stein und der Benediktinerin Katharina Katzenmaier (Ordensname Schwester Theodolinde) aus Püttlingen. Letztere hatte sich gegen die sogenannte „Euthanasie“ von Menschen mit Behinderung eingesetzt. Sie überlebte und setzte sich bis zu ihrem Tod für Versöhnung und Frieden ein.

 

„Dieser Film ist sehr beeindruckend und berührend und von höchster Brisanz und Aktualität“, sagt Dekan Hans-Georg Müller, „nie wieder nationalistische, rassistische Parolen. Nie wieder. Dafür stehen die Blutszeugen, die dies bewusst aus ihrer christlichen oder jüdischen Überzeugung bekannt haben. Ihnen gilt unser Respekt.“

Info: Schulen und Bildungseinrichtungen, die den Film, der unter anderem von der Union Stiftung finanziell gefördert wurde, zeigen möchten, können eine kostenlose Kopie zur Präsentation erhalten. Die Ausleihe erfolgt über den Regisseur Adolf Winkler: info@awifilm.de  oder über das Pfarrbüro der Pfarrei Heilig Kreuz in Schwalbach unter: 06834-9569670 oder pfarrbuero@schwalbachheiligkreuz.de.