(Frankfurt/ekhn) - Die Tagesordnung der Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), die noch bis morgen Nachmittag im Dominikanerkloster in Frankfurt am Main zusammentritt, ist gut gefüllt. Bis heute Mittag wurden bereits einige zentrale Entscheidungen getroffen und Berichte entgegengenommen.
29.11.2024
Resolution für eine Versachlichung der Flüchtlingsdebatte und Zukunft des Flüchtlingsfonds
Die Kirchensynode und die Kirchenleitung haben einmütig eine Resolution verabschiedet, die fordert, die Debatte über Migration und Geflüchtete zu versachlichen. „In der aktuellen Debatte werden vielfach Fakten verdreht, wird pauschalisiert, wird bewusst Stimmung gegen Geflüchtete gemacht und werden mittlerweile Menschenrechte und rechtsstaatliche Prinzipien offen infrage gestellt“, heißt es im Text. Diese Resolution wird umgehend veröffentlicht und an die hessische und die rheinland-pfälzische Landesregierung gegeben.
„Pauschale Abschiebungen sind in der Realität oft keine Lösung, und Menschen, die Flüchtlingen helfen, sind nicht automatisch kriminelle Schlepper. Migration ist ein Bestandteil unserer christlich-jüdischen Tradition. Unsere Gesellschaft braucht Migration, um sich weiterzuentwickeln und zu bestehen. Ich freue mich über die Klarheit, mit der Synode und Kirchenleitung dies zum Ausdruck bringen“, kommentierte Birgit Pfeiffer, Präses der Kirchensynode der EKHN.
Daran anknüpfend entschied die Synode, den 2014 eingerichteten Flüchtlingsfonds der EKHN mit weiteren 3,39 Mio. EUR aufzustocken und seine Laufzeit bis 2030 zu verlängern. Diesen Fonds hat die EKHN in den vergangenen zehn Jahren mit insgesamt 23,9 Millionen Euro ausgestattet, um eine unabhängige Asylberatung im Gebiet der EKHN sowie Willkommens-Projekte in Dekanaten und Gemeinden und Flüchtlingsarbeit in Kindertagesstätten zu finanzieren. Die Aufstockung soll u.a. die Fortsetzung der unabhängigen Asylberatung ab 2028 ermöglichen.
Sensibilisierung für sexualisierte Gewalt im Fokus
Matthias Schwarz, Betroffenenvertreter im Beteiligungsforum der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) und der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt der EKHN, berichtete der Kirchensynode der EKHN von den Entscheidungen, die die EKD-Synode Anfang November getroffen hat: „Zum einen wurde das Disziplinarrecht geändert, sodass Betroffene in einem Disziplinarverfahren besser informiert, geschützt und begleitet werden. Außerdem wurde ein Maßnahmenplan beschlossen, der die Erkenntnisse der ForuM-Studie umsetzt. Dazu gehört, dass ein Recht auf Aufarbeitung festgeschrieben werden soll, und dass Standards für Prävention, Intervention, Dokumentation und Meldestellen EKD-weit festgelegt werden sollen.“
Aus dem anschließenden Bericht der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt der EKHN ging hervor, dass die Kirche im laufenden Jahr viele Veranstaltungen in Gemeinden und Einrichtungen durchgeführt hat, die wesentlich zur Sensibilisierung beitragen. Dieser Weg soll im kommenden Jahr mit Schulungen in jedem Dekanat, einem Online-Format zu Interventionsfragen und einer Basisschulung fortgesetzt werden. Außerdem werden die EKHN, die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und die Diakonie Hessen ab dem Frühjahr in einer gemeinsamen Aufarbeitungskommission die Arbeit der ForuM-Studie fortsetzen. Fälle sexualisierter Gewalt sollen quantitativ erhoben, vorherrschende Risiko-Strukturen qualitativ analysiert, der Umgang mit Betroffenen untersucht sowie die institutionelle Aufarbeitungspraxis evaluiert werden.
Transformation der Landeskirche
Bereits seit einigen Jahren befindet sich die EKHN in einem Transformationsprozess, um sich an veränderte Bedürfnisse der Mitglieder, zurückgehende Mitgliederzahlen und Kirchensteuermittel anzupassen. Ein Bericht zur Weiterarbeit an diesem Prozess unter dem Namen ekhn2030 beschreibt Fortschritte, Herausforderungen und Pläne im Transformationsprozess der EKHN.
Schwerpunkte des Prozesses unter dem Namen ekhn2030 sind Strukturreform der Verwaltung, Digitalisierung, Klimaschutz, Zusammenarbeit in Nachbarschaftsräumen, Personalgewinnung, die Etablierung von hauptamtlichen Verkündigungsteams. Einsparziele (140 Mio. € bis 2030) und Innovationen wie der Zukunftsfonds werden ebenfalls adressiert.
Jugendcheck
Im Sinne der Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen wurde ein sogenannter Jugendcheck beschlossen. Vertreter:innen der Evangelischen Jugend in Hessen und Nassau e.V. (EJHN) werden beratend in den Entstehungsprozess von Verordnungen und Kirchengesetzen eingebunden und so eine wirkungsorientierte Gesetzesfolgenabschätzung aus Sicht der Jugend einbringen.
EKHN verabschiedet Klimaschutzgesetz
„Klimaschutz ist nicht nur Aufgabe staatlicher Gesetzgebung, sondern auch Gegenstand kirchlichen Auftrages.“ So steht es in der Präambel des Klimaschutzgesetzes, das die Kirchensynode heute Nachmittag verabschiedet hat.
Die Synodalen haben mit diesem Gesetz das Ziel formuliert, dass die EKHN, ihre Gemeinden, Dekanate, Verbände und sonstige kirchliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen bis 2045 Netto-Treibhausgasneutralität erreichen, um dem weiteren Fortschreiten des Klimawandels entgegenzutreten.
„Dieses Gesetz ist ein wichtiges und ein richtiges Zeichen, denn wir nehmen die Verantwortung für unsere Schöpfung ernst“, so Wolfgang Prawitz, stellvertretender Präses der Kirchensynode. „Die Umsetzung soll schrittweise erfolgen: Gemeinsam mit dem Haushalt wird die Synode alle zwei Jahre über Klimaschutzpläne entscheiden, in denen konkrete Maßnahmen zusammengefasst werden. Denn als Kirche müssen wir realistisch sein und jeweils entscheiden, mit welchen Schritten wir dem Ziel am besten näherkommen: Treibhausgasneutralität.“
Über die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN)
Zum Gebiet der EKHN gehören weite Teile von Mittel- und Südhessen mit dem Rhein-Main-Gebiet sowie ein Teil von Rheinland-Pfalz inklusive Mainz. Die EKHN zählt rund 1,3 Millionen Mitglieder. Kirchenpräsident ist Volker Jung, Präses der Kirchensynode ist Birgit Pfeiffer. Wie alle evangelischen Kirchen ist die EKHN getragen nicht nur vom Engagement der rund 20.000 Hauptamtlichen, sondern vor allem von den fast 60.000 Ehrenamtlichen, die sich in Kirchenvorständen, in der Gemeindearbeit und in spezialisierten Funktionen wie der Notfallseelsorge engagieren. Zur EKHN gehören zahlreiche Einrichtungen wie beispielsweise rund 600 Kindertagesstätten. Das evangelische Sozial- und Gesundheitswesen ist darüber hinaus u.a. in der Regionalen Diakonie in Hessen und Nassau organisiert, einer 100prozentigen Tochtergesellschaft der EKHN. Die EKHN hat lutherische und reformierte, liberale und pietistische Traditionen. Diese geistliche und gesellschaftliche Vielfalt gibt der EKHN ihr besonderes Profil. Weitere Informationen gibt es unter https://www.ekhn.de/ueber-uns.