Ein Seliger von der Fidei

Bei Durchsicht alter Akten „stolpert“ Pfarrer Marco Weber über seligen Josef Marxen

© KNA-Bild
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Der als Märtyrer seliggesprochene Josef Marxen hat eine bewegende Lebensgeschichte, die auch den Menschen heute ein Beispiel für Toleranz und friedliches Zusammenleben geben kann.

 

11.11.2024

 

Von Simone Bastreri

 

(Schleidweiler/sb) – Das Pfarrbüro entstauben, alte Akten sortieren: eine eher spröde, wenn auch nötige Aufgabe nach der letztjährigen Fusion der Pfarrgemeinden Orenhofen, Schleidweiler und Zemmer, an die sich Marco Weber Ende August 2024 machte. Doch über was er dann zufällig stolperte, erstaunte den leitenden Pfarrer der Pfarrei auf der Fidei dann doch sehr: „Mir fiel eine Akte im Regal auf, auf der nur der Name ‚Josef Marxen’ stand und ich dachte mir, ach, das wird irgendein Vorgänger-Pfarrer hier gewesen sein“, erinnert Weber sich. Doch beim Durchblättern des staubigen Ordners wurde ihm schnell klar, dass sich dahinter etwas anderes verbarg: Das Leben eines von Papst Franziskus selig gesprochenen Mannes hatte sich zu einem großen Teil auf der Fidei, konkret auf dem Schönfelderhof, und später noch an einem weiteren Ort im saarländischen Teil des Bistums, in Sankt Wendel, abgespielt. Doch anders als bekannte Selige wie Blandine Merten oder Peter Friedhofen dürfte Josef Marxen wohl den wenigsten Menschen etwas sagen, da seine Geschichte in Vergessenheit geriet. Das möchte Weber ändern, denn der als Märtyrer seliggesprochene Marxen hat eine bewegende Lebensgeschichte, die auch den Menschen heute ein Beispiel für Toleranz, friedliches Zusammenleben und den Einsatz für andere geben könne, sagt Weber.

 

In dem Ordner fand sich ein Mailverkehr zwischen Mitarbeitenden des Erzbistums Köln, die Erkundigungen über Josef Marxen eingeholt hatten, um alles für ein Seligsprechungsverfahren in Rom einzuleiten. Webers Neugierde war geweckt, er forschte selbst im Internet und in alten Kirchenbüchern nach. Langsam ergab sich ein Bild: 1906 wurde Marxen in Worringen bei Köln geboren, sein Vater (gebürtig aus Butzweiler) arbeitete als Gutsverwalter auf verschiedenen Höfen. 1910 kam die Familie dann nach Bermeshausen bei Speicher und 1913 auf den Schönfelderhof bei Zemmer. Hier ging der kleine Josef bis 1920 zur Volksschule, wurde 1919 gefirmt. Bald kam in ihm der Wunsch auf, als Priester in die Mission zu gehen, was ihn auf das Gymnasium der Steyler Missionare in St. Wendel führte. Später war er als Novize in Sankt Augustin bei Bonn und wurde 1936 am Orientalischen Institut der Benediktiner zum Priester für das albanische Bistum Durrës geweiht.

 

Ein Missionar, der die Menschen vereinte

Von 1936 bis 1941 lebte und arbeitete Marxen in Perlat, einem Dorf in den nordalbanischen Bergen in der Region Mirdita. Eines seiner Pfarrkinder: der spätere kommunistische Diktator Enver Hoxha. Josef Marxen unterrichtete die Kinder, kümmerte sich um deren medizinische Versorgung und konnte die übliche Blutrache zwischen verfeindeten Familien beenden. Ab 1941 wurde er Pfarrer in Juba. Dort gehörten mehrere Dörfer zu seiner Gemeinde, in denen katholische und orthodoxe Christen und Muslime zusammenlebten. Als deutsche Soldaten 1943 Albanien besetzten, vermittelte Marxen zwischen ihnen und der Bevölkerung. Bei ihrem Abzug boten sie ihm an, ihn nach Deutschland mitzunehmen, da er unter der sich anbahnenden kommunistischen Herrschaft nicht sicher sei, doch Marxen lehnte ab: Er wollte weiter bei den Menschen seiner Gemeinde bleiben. Das wurde ihm zum Verhängnis.

 

Marxen Opfer der Christenverfolgung in Albanien durch Kommunisten

In Albanien kam es ab 1944 zu einer systematischen Verfolgung der katholischen Kirche: Schulen, Krankenhäuser und Waisenheime wurden geschlossen, Priester und Ordensleute verhaftet und gefoltert. Später sollte sich Albanien zum ersten atheistischen Staat der Welt erklären (1967), ab 1977 wurde jede Ausübung von Religion unter Todesstrafe gestellt. Erst 1990 endete Enver Hoxhas Unrechtsregime. Marxen war eines der Opfer. 1945 wurde er in Durrës verhaftet. Die Ältesten seiner Dörfer erwirkten gemeinsam sogar noch eine Freilassung, doch wenige Wochen später wurde er erneut verhaftet und nach Folter schließlich am 16. November in einem Wald bei Tirana erschossen. 70 Jahre später, 2016, erfolgte dann die Seligsprechung Marxens gemeinsam mit 37 weiteren Märtyrern aus Albanien. Der liturgische Gedenktag ist sein Todestag, der 16. November.

 

Gedenkgottesdienst, Ausstellung und Gesprächsrunde mit Bischof

Die Geschichte eines Mannes, der aus seinem Glauben heraus Gutes für Menschen – egal welchen Glaubens – tun und ihnen beistehen wollte, beeindruckt bis heute, sagt Weber. „Wenn wir heute in die Welt schauen, kann Marxen ein Vorbild sein. Als junger Mann hat er gesagt: Ich stelle mich in den Dienst der Menschen, ich arbeite mit an Versöhnung und Völkerverständigung. Das tat er dann im Kleinen in seinen Dörfern, wo es unterschiedliche Ethnien und Religionen gab.“ Weber bat Bischof Stephan Ackermann, nach kirchlichem Recht den Gedenktag auch in der Pfarrei auf der Fidei feiern zu dürfen. Nach der Erlaubnis des Bischofs ist nun ein Gottesdienst im Gedenken an Josef Marxen am 16. November um 18 Uhr in seiner ehemaligen Firmkirche in Zemmer geplant. An diesem Abend wird zugleich eine Wanderausstellung über Marxens Leben und Wirken mit 18 Schautafeln eröffnet, die bis zum 14. Dezember täglich von 10 bis 16 Uhr besucht werden kann. Zudem hat Weber Kontakt zu Angehörigen Marxens aufgenommen. Am 8. Dezember soll es um 17 Uhr eine Vortragsveranstaltung mit anschließendem Gespräch mit dem Trierer Bischof und einer Nachkommin des Seligen geben.

Weitere Informationen gibt es bei Pfarrer Marco Weber, Tel.: 06580-99060.