400 Jahre altes Familienalbum erstrahlt wie neu

Pastorin Friederike Grube und Tischler Reno Müller mit zwei der 24 restaurierten Wappentafeln. Foto: PEK / Sebastian Kühl
Pastorin Friederike Grube und Tischler Reno Müller mit zwei der 24 restaurierten Wappentafeln. Foto: PEK / Sebastian Kühl

22.04.2025

 

„Herzoginfest“ in Loitz am 17. Mai – Anlässlich der Enthüllung restaurierter historischer Wappentafeln in der Marienkirche plant die Kirchengemeinde eine Feier für die ganze Stadt

  

 

(Loitz/sek) - Anlässlich der Enthüllung von 24 frisch restaurierten historischen Wappentafeln aus dem 17. Jahrhundert in der Loitzer Marienkirche lädt die Kirchengemeinde gemeinsam mit Vereinen und vielen weiteren Engagierten unter dem Motto „Herzoginfest“ zu einer großen Feier am 17. Mai ab 14 Uhr nach Loitz ein.

 

 

Elefant, Greife und gekrönte Löwen

 

Ein Elefant auf blutrotem Grund, Ritterhelme mit prächtiger Helmzier, vielfarbige Greife und gekrönte Löwen: Detailreich und farbenfroh bemalt sind die beiden hölzernen Wappentafeln, die Pastorin Friederike Grube und Tischler Reno Müller gemeinsam in die Loitzer Marienkirche tragen. Wie vor 400 Jahren, als sie angefertigt wurden, und wie neu erstrahlen die beiden Tafeln, die in den zurückliegenden Monaten aufwändig restauriert wurden. Die Tafeln sind zwei von insgesamt 24, die am 17. Mai während eines Gottesdienstes um 18.30 Uhr feierlich enthüllt werden. Der Gottesdienst ist Abschluss und Höhepunkt des „Herzoginfests“, das die Kirchengemeinde gemeinsam mit der ganzen Stadt und ihren Gästen begehen möchte. „Mit dem Fest feiert Loitz die Herzogin Sophia Hedwig und ihre Ahnen“, sagt Friederike Grube. Sophia Hedwig von Braunschweig-Wolfenbüttel lebte von 1561 bis 1631 und gilt als eine der bedeutendsten pommerschen Herzoginnen. Zu ihrem Vermächtnis zählen die einmaligen Wappentafeln in der Loitzer Marienkirche.

 

In Handarbeit gefertigte Rahmen

 

Ursprünglich zählten die Wappen zur Ausstattung der herzoglichen Loge in der Kirche und waren nur für den dort dem Gottesdienst beiwohnenden Adel zu sehen. Künftig werden die wiederhergestellten Tafeln, denen der Rostocker Restaurator Georg von Knorre ihre alte Pracht zurückgab, in speziell angefertigten Holzrahmen an den Pfeilern im Seitenschiff hängen, chronologisch sortiert und sichtbar für alle Besucherinnen und Besucher der Loitzer Marienkirche. In versierter Handarbeit und maßangefertigt für jede einzelne Tafel hat Reno Müller diese Rahmen hergestellt. „Jedes Fenster in den Rahmen ist für jede einzelne Tafel anders“, beschreibt der Tischler die aufwändige Konstruktion der Rahmen. Damit sich alles am Ende nahtlos einfügt, habe er sich keine Abweichungen und Toleranzen erlauben dürfen. „Sie sind millimetergenau angefertigt und innen mit Filz bezogen, damit die Tafeln nicht zerkratzen.“ Und tatsächlich, beim Einsetzen der beiden ersten Tafeln gleiten diese mühelos in die in edlen Brauntönen gehaltenen Rahmen.

 

Verwandtschaft aus ganz Europa

 

„Entstanden sind die Tafeln für die Loge der Herzogin im Jahr 1621“, weiß Pastorin Friederike Grube. Sophia Hedwig habe auf diese Weise ihre teils weit entfernt lebende Familie und ihre Ahnenreihe, deren Abfolge bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht, im Gottesdienst um sich haben wollen. Das sei vergleichbar mit einem modernen Fotoalbum. „Ich finde, das bringt uns diese historische Persönlichkeit ganz nah und ist für uns heute gut nachvollziehbar“, so Friederike Grube. Die verwandtschaftlichen Verbindungen der Herzogin reichen kreuz und quer durch Europa. „Wir haben dazu auch eine Landkarte anfertigen lassen, die Loitz als Nabel Europas zeigt“, sagt die Pastorin schmunzelnd.

 

QR-Codes führen zu Ahnen-Biografien

 

Reno Müller findet es immer wieder erstaunlich, wo die Familie der Herzogin überall Einfluss hatte und ihre Spuren hinterließ. Wer diesen Verbindungen auf den Grund gehen will, kann mit dem Smartphone die QR-Codes neben den Wappentafeln scannen, die zu insgesamt 63 Kurzbiografien führen. Ursprünglich gab es 32 Tafeln, von denen einige im Laufe der Jahrhunderte verloren gingen. 24 davon sind nun restauriert worden, wobei eine der verschwundenen Tafeln vollständig durch den Restaurator rekonstruiert wurde. Die biografischen Texte verfasste die Literaturwissenschaftlerin Dr. Monika Schneikart. „Sie schrieb Biografien zu allen Personen, die ursprünglich auf den Wappentafeln präsentiert wurden, also auch zu Personen, zu denen die Wappentafeln fehlen“, erläutert Friederike Grube. „Pro Tafel waren es immer zwei Personen, die mit Wappen dargestellt waren. So kommt es zu der Gesamtzahl von 63 Kurzbiografien, nämlich zu 62 Ahnen und über die Herzogin selbst.“

 

Förderungen ermöglichten Restaurierung

 

Die Idee zur Restaurierung der Wappentafeln geht zurück auf das Jahr 2018, erzählt Friederike Grube. Damals sei es nicht mehr möglich gewesen, bei der Sparkasse gebührenfrei das Kollekten-Münzgeld einzuzahlen und im Gegenzug habe die Sparkasse Vorpommern vorgeschlagen, ein Projekt der Kirchengemeinde finanziell zu unterstützen. Die Wahl fiel auf die Wiederherstellung der außergewöhnlichen herzoglichen Loitzer Ahnentafeln, die dann seitens der Ostdeutschen Sparkassenstiftung mit 34.000 Euro gefördert wurde. Insgesamt kostete die Wiederherstellung der Tafeln inklusive der Rahmung und der Erstellung der Biografien 80.000 Euro. Neben der Kirchengemeinde und Privatpersonen trugen die Sparkasse Vorpommern, die Hospitalstiftung Herzogin Sophia Hedwig, die Pommersche Stiftung für historische Bildung, die Nordkirche sowie der Pommersche Evangelische Kirchenkreis zur Gesamtfinanzierung des Erhalts dieser einzigartigen Kunstschätze bei.

 

Über Generationen hinweg Interesse wecken

 

„Wir drehen übrigens auch einen Film über die Herzogin mit Darstellenden aus der Jungen Gemeinde. Er wird am 17. Mai uraufgeführt und ist danach ebenso wie die Biografien per QR-Code abrufbar“, kündigt Friederike Grube an. Der Film thematisiert die Reise der 16-jährigen Prinzessin Sophia Hedwig von Braunschweig-Wolfenbüttel zu ihrer Hochzeit mit Herzog Ernst Ludwig von Pommern-Wolgast und die Gedanken, die sich die junge Adelige über ihre Zukunft macht. „Die Idee mit dem Herzoginfest hatten wir, weil wir in der gesamten Breite der Stadt und über alle Generationen hinweg Interesse wecken wollen“, sagt die Pastorin. Für Heraldik und kunsthistorische Themen würden sich oft nur eher kleinere Kreise begeistern, die Kirchengemeinde wolle aber allen Loitzern und Interessierten, jungen und älteren, Lust machen, dabei zu sein. „Als Kirchengemeinde sind wir darum sehr froh, dass der Funke der Begeisterung für dieses Fest auf so viele übersprang und sich in ganz Loitz so großes Engagement dafür entwickelt hat. So wird es ein wirkliches Stadtfest“, freut sich Friederike Grube.

 

Buntes Fest-Programm in der ganzen Stadt

 

„Los geht es am 17. Mai mit dem Einzug der Herzogin in die Stadt mit der Kutsche. Dargestellt wird Sophia Hedwig von der gleichen Schauspielerin, die sie auch im Film der Jungen Gemeinde verkörpert“, blickt Friederike Grube voraus. Von 14 bis 18 Uhr ist dann eine Menge los am Hafen, am Kulturkonsum und auf dem Kirchplatz. Viele Vereine beteiligen sich an dem Fest mit zahlreichen historischen Bezügen, beispielsweise beim Wein stampfen oder bei der Gestaltung von Wappen für Kinder. Festgäste können sich auf Händler und viele Aktionen, auf Vorträge und Führungen freuen sowie auf viel Musik und einen Fackelzug. Nach dem Gottesdienst um 18.30 Uhr mit der Enthüllung der Wappentafeln startet vor der Marienkirche ein großes Grillfest mit dem der Festtag ausklingt. Derzeit sind die Wappentafeln in der Marienkirche noch mit Tüchern verhängt. Wer sie sehen und bei der festlichen Enthüllung dabei sein möchte, ist am 17. Mai herzlich eingeladen zum „Herzoginfest“ nach Loitz.

 

Weitere Informationen

 

Die Kurzbiografien zu den Wappentafeln im Internet: https://www.kirche-loitz.de/seite/767785/wappentafeln.html

 

Pastorin Friederike Grube

Tel.: 039998 30310

E-Mail: loitz@pek.de