Bundeshaushalt: Kürzungen bei den Ärmsten sind kurzsichtig

Jahres-Pressekonferenz von Brot für die Welt: Kritik an Haushaltskürzungen

Foto: Brot für die Welt
Foto: Brot für die Welt

Entwicklungspolitik und Sicherheit nicht gegeneinander ausspielen / Weltweite Krise der Demokratie / Spendeneinnahmen stabil

 

11.07.2024

 

(Berlin/bfw) - Brot für die Welt kritisiert die von der Bundesregierung geplanten Kürzungen im Entwicklungshaushalt und bei der Humanitären Hilfe als völlig kurzsichtig. „Jahrzehntelang war es überparteilicher Konsens, dass Deutschland eine starke Entwicklungspolitik braucht“, sagt Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt, bei der Vorstellung des Jahresberichts heute in Berlin. „Wir erleben eine weltweite Krise der Demokratie und da ist Entwicklungszusammenarbeit ein wichtiger Schlüssel, um eine weitere Erosion zu verhindern. Entwicklungsprojekte unterstützen den Aufbau und Erhalt demokratischer Strukturen, sie stärken die Zivilgesellschaft, ohne die keine Demokratie existieren kann.“

 

Die Präsidentin des evangelischen Entwicklungswerks erinnert auf der Jahrespressekonferenz daran, wie wichtig weltweite Kooperation und Partnerschaften seien. Mit Blick auf die Kürzungspläne der Bundesregierung und die aktuelle politische Debatte sagt Pruin: „Wir sehen eine Schneckenhaus-Mentalität, die ein erschreckendes Ausmaß angenommen hat.“ In Entwicklungszusammenarbeit zu investieren sei nicht nur ethisch geboten, sondern auch im Interesse Deutschlands. „Wir brauchen mehr Kooperation, nicht weniger. Das gilt für die Klima- ebenso wie für die Ernährungspolitik und andere Bereiche.“

 

Pruin nennt die geplanten Kürzungen in der „Geschichte der Bundesrepublik beispiellos“. Sie kritisiert, dass die Bundesregierung diese mit dem Krieg in der Ukraine und militärischem Sicherheitsinteresse begründet. Entwicklungspolitik und Sicherheit dürften aber nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie seien eng miteinander verbunden. „Entwicklungspolitik leistet einen wichtigen Beitrag dazu, die Welt sicherer zu machen. Wir sind in Deutschland nur sicher, wenn die Welt insgesamt sicher ist“, sagt sie.

 

Zur weltweiten Demokratie-Krise – schon heute gibt es mehr Autokratien als Demokratien - berichtet Pruin von Partnerorganisationen von Brot für die Welt, deren Situation bedrohlich ist. „Autoritäre Regierungen drangsalieren oder schließen Nichtregierungsorganisationen. Wenn der Globale Norden sich zurückzieht, werden die Schwächsten der Gesellschaft noch mehr an den Rand gedrängt. Die Armen und Ausgegrenzten sind von der weltweiten Krise der Demokratie am stärksten betroffen und das bleibt nicht ohne Folgen - auch für uns“, sagt Pruin.

 

Auch innerhalb Deutschlands müsse die Bundesregierung umsteuern, denn viele Menschen fühlten sich ungerecht behandelt. Das liege aber nicht daran, dass Deutschland in die Entwicklung anderer Länder investiere, sondern an falscher Prioritätensetzung. Pruin fordert deshalb den Abbau von klima- und umweltschädlichen Subventionen. „Fast vier Milliarden Euro lassen wir es uns jährlich kosten, dass es auf internationale Flüge keine Mehrwertsteuer gibt.“ Mit etwa der Hälfte dieses Geldes könne der Entwicklungsetat wieder das Niveau von 2023 erreichen.

 

Jahresergebnis 2023

Brot für die Welt legt heute die Jahresbilanz vor. Im vergangenen Jahr gingen mit 75,9 Millionen Euro etwas mehr Spenden und Kollekten (2022: 75,6 Millionen Euro) ein als im Vorjahr. Dagmar Pruin: „Ich bin zutiefst dankbar für die Spenden und Kollekten. Sie zeigen, dass es unseren Unterstützerinnen und Unterstützern wichtig ist, Menschen in ärmeren Ländern dabei zu helfen, ihre Potentiale zu nutzen.“ Neben Spenden und Kollekten sind kirchliche Mittel und Bundesmittel die beiden weiteren finanziellen Säulen von Brot für die Welt. Insgesamt standen dem kirchlichen Werk im vergangenen Jahr 331,5 Millionen Euro für die Entwicklungsarbeit zur Verfügung (2022: 338 Millionen Euro).

 

Insgesamt hat Brot für die Welt 288 Millionen Euro (91% der Gesamtausgaben) für Hilfsprojekte ausgegeben. Für Werbe- und Verwaltungsaufgaben wurden 9 Prozent eingesetzt. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) bewertet diesen Anteil der Werbe- und Verwaltungsausgaben an den Gesamtausgaben als niedrig. Brot für die Welt hat 2023 insgesamt 2905 Projekte gefördert. Afrika war die Schwerpunktregion.