24.07.2024
(Göttingen/Berlin/gfbv) - Zum neunten Jahrestag der Gründung der ersten kurdischen Universität in Syrien am 26. Juli appelliert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die Zerstörung der Bildungseinrichtung im völkerrechtswidrigen Krieg des NATO-Partners Türkei gegen Afrin im Nordwesten Syriens zu verurteilen und die dort neu gegründeten Universitäten und Kulturinstitute zu unterstützen.
„Am 26. Juli 2015 wurde die Universität in Afrin gegründet. Sie war nicht nur die erste kurdische Universität in Afrin, sondern in ganz Syrien. Nur drei Jahre später wurde die Universität nach der völkerrechtswidrigen Besatzung von Afrin durch die Türkei geschlossen und zum Teil zerstört. Viele Professoren, darunter der Rektor der Universität, Dr. Ahmed Yousef, mussten fliehen. Auch 400 kurdische Schulen wurden geschlossen oder zerstört“, berichtet der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido.
„Frau Stark-Watzinger, Frau Roth, bitte setzen Sie sich für die kurdische Wissenschaft und Kultur ein“, fordert der GfbV-Nahostreferent. „Wir appellieren an das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Hochschulen in der autonomen Region Rojava im Nordosten Syriens zu fördern. Viele Professoren und Studierende aus Afrin haben dort Zuflucht gefunden. Sie werden weiterhin von der Türkei und dem IS bedroht und fast täglich von der Türkei mit Kampfdrohnen angegriffen.“
An der Universität in Afrin gab es die Studiengänge Medizin, kurdische Literatur, Kommunikation, Agrarwissenschaften, Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften. Etwa 850 Studierende waren im ersten Jahr eingeschrieben. Nach der Besatzung wurden viele kurdische Schulen in Moscheen oder Militärkasernen für türkische Soldaten oder islamistische Söldner umgewandelt. Türkisch, die Sprache der Besatzer, wurde als Pflichtsprache eingeführt.
„Während an der ersten kurdischen Universität und den kurdischen Schulen in Afrin vor der türkischen Besatzung Werte wie religiöse Toleranz, Völkerverständigung und Frauenrechte gelehrt wurden, wird heute in den Schulen der türkischen Besatzungsmacht ein radikaler Islam, Intoleranz, Frauenfeindlichkeit, Hass auf Christen, Aleviten, Yeziden oder Juden gelehrt“, sagt Dr. Kamal Sido. „Mädchen und Jungen werden getrennt unterrichtet. Mädchen müssen in der Regel einen Ganzkörperschleier oder ein Kopftuch tragen. Religionsunterricht für Yeziden und Aleviten ist verboten. Schüler, die Türkisch nicht beherrschen, werden nicht versetzt.“
„Die Bildungs- und Kultureinrichtungen in Nordsyrien sind für die seit Jahrzehnten unterdrückte kurdische Bevölkerung und die kurdische Wissenschaft von enormer Bedeutung. Sie sind ein wichtiger Grundpfeiler für Demokratie und Gleichberechtigung“, so Sido.