Sudan: Hitzewelle verschlimmert humanitäre Situation im Bürgerkrieg

Pater Jacob Thelekkadan und die Salesianerschwestern von „Dar Mariam“ bei Khartum. © Pater Jacob Thelekkadan
Pater Jacob Thelekkadan und die Salesianerschwestern von „Dar Mariam“ bei Khartum. © Pater Jacob Thelekkadan

15.06.2024

 

(München/acn) - 14 Monate nach Beginn des Bürgerkriegs im Sudan spitzt sich die humanitäre Krise weiter zu. Dazu trägt auch eine aktuelle Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 45 Grad bei. „Wir haben kaum noch Treibstoff, um einen Stromgenerator oder eine Wasserpumpe zu betreiben“, teilte Salesianerpater Jacob Thelekkadan dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) mit. Um die extremen Temperaturen zu überleben, griffen die Menschen auf „rudimentäre Techniken“ wie nasse Handtücher oder dergleichen zurück.

 

Pater Jacob, der regelmäßig in Kontakt mit „Kirche in Not“ steht, hält sich in dem von Salesianerinnen geleiteten Zentrum „Dar Mariam“ (Haus Mariens) nahe der Hauptstadt Khartum auf. Dort hatten nach Ausbruch der Kämpfe Mitte April 2023 zunächst 300 Menschen verschiedener Religionszugehörigkeit Zuflucht gefunden, heute leben dort noch etwa 80 Personen. Sie werden von den Salesianerinnen seelsorgerisch betreut und erhalten Lebensmittel. Aber auch das wird zunehmend schwieriger, wie Pater Jacob erklärt: „Unsere Mahlzeiten bestehen aus Linsenbrei oder Reis. Eier, Fleisch oder Gemüse gibt es nicht mehr.“ Alle Bewohner in „Dar Mariam“ seien „unterernährt und schwach“, besonders die Kinder.

 

„Rest der Welt hat uns vergessen“

Der Alltag sei „von massiven Vertreibungen, schwerem Verlust von Menschenleben, unvorstellbaren Zerstörungen sowie körperlichen und seelischen Traumata“ geprägt, führte der Salesianer aus. Nur ein paar Mutige verließen das Haus, um Brennholz zum Kochen zu sammeln. Die Gefahr durch Heckenschützen sei sehr hoch. „Neben all dem Leid hat unsere kleine Gemeinschaft das Gefühl, dass der Rest der Welt diesen Konflikt und den Schmerz, den er verursacht, vergessen hat“, beklagte Pater Jacob.

Auch „Dar Mariam“ geriet bereits dreimal in die Kampfzone: Im November 2023 zerstörte eine Rakete den ersten Stock des Hauses. „Dabei wurden eine Ordensschwester, ein ehrenamtlicher Lehrer sowie eine Mutter mit drei Kindern verletzt. Glücklicherweise wurde niemand getötet“, berichtete der Salesianer.

 

Bewohner konnten nicht evakuiert werden

Anfang Januar dieses Jahres habe eine weitere Raketenexplosion ein Feuer entfacht, das ein gesamtes Stockwerk vernichtete. Auch hier sei es den Bewohnern gelungen, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Im Dezember 2023 habe eine geplante Evakuierung abgebrochen werden müssen, da der vereinbarte Waffenstillstand nicht eingehalten worden sei. Seither müssen die Menschen weiter in „Dar Mariam“ ausharren.

 

In Khartum habe es vor dem Krieg 13 Pfarreien gegeben, davon würden jetzt nur noch in zwei regelmäßige Gottesdienste stattfinden. „,Dar Mariam‘ ist einer dieser Orte. So herrscht hier trotz vieler Leiden eine Atmosphäre der Gelassenheit“, betonte Pater Jacob.

 

Seit April 2023 liefern sich im Sudan die Armee von Militärherrscher Abdel Fattah al-Burhan und die RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo einen blutigen Machtkampf. Ein Großteil der Kämpfe findet in dicht besiedelten Vierteln der Hauptstadt Khartum statt. Bei den Kämpfen wurden zehntausende Menschen getötet – manche Schätzungen gehen nach Angaben der Vereinten Nationen zufolge von bis zu 150 000 Toten aus. Zehn Millionen Sudanesen leben laut UNO als Binnenflüchtlinge, 18 Millionen haben nicht genug zu essen.

 

 

 

 

Lebensmittelausgabe für Flüchtlinge in „Dar Mariam“. © Pater Jacob Thelekkadan
Lebensmittelausgabe für Flüchtlinge in „Dar Mariam“. © Pater Jacob Thelekkadan

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