Sie sorgen für kühle und saubere Luft, steigern die Biodiversität und unterstützen bei der Erholung: Bäume in Städten tragen auf vielfältige Weise zum Wohlergehen der dort lebenden Menschen bei. Im Innovationscluster URBORETUM untersuchen Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit Partnern, was nötig ist, damit Stadtbäume ihre „Dienstleistungen“ auch in Zeiten extremerer Klimabedingungen erbringen können.
31.07.2024
Gesunde Stadtbäume filtern Schadstoffe aus der Atemluft, dienen als Lebensraum und kühlen ihre Umgebung durch Schatten und Verdunstung. Die Baumstandorte puffern außerdem Starkregen, vermeiden Oberflächenabfluss und entlasten so die Kanalisation. Hinzu kommen psychologische Effekte beim Menschen wie effektiver Stressabbau. „Bäume in der Stadt bieten ein ganzes Bündel positiver Ökosystemleistungen, die angesichts des fortschreitenden Klimawandels immer wichtiger werden“, fasst Dr. Somidh Saha, Forstwissenschaftler am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des KIT, zusammen.
Allerdings ist unklar, ob Stadtbäume diese Leistungen auch in Zukunft noch im bisherigen Umfang erbringen können. Gerade älteren, aber zunehmend auch neu gepflanzten Stadtbäumen setzen längere Trockenperioden, Hitze, Bodenverschmutzung und -verdichtung, invasive Schädlinge oder der wachsende Flächenbedarf zu. Gleichzeitig sind wichtige Faktoren für das Wachstum von Stadtbäumen kaum erforscht. „Je besser wir Stadtbäume verstehen, desto eher können wir sicherstellen, dass sie auch in Zukunft gesund bleiben und gut wachsen“, sagt Saha.
Sensoren für 240 Bäume in Karlsruhe
Hier setzt das Innovationscluster URBORETUM an: In den kommenden drei Jahren, ergänzt um eine mögliche zweijährige Umsetzungsphase, wollen die Forschenden die Prozesse entschlüsseln, die Ökosystemleistungen, Wachstum und Vitalität von Stadtbäumen beeinflussen. Eine zentrale Frage ist, wie sich langanhaltende Trockenperioden auf die Gesundheit von städtischen und stadtnahen Wäldern auswirken. Anhand von Holzproben untersuchen die beteiligten Fachleute beispielsweise, wie sich Trockenstress und andere klimatische Extremereignisse in der Vergangenheit auf Wachstum und Struktur des Holzes ausgewirkt haben. Ergänzt wird das Bild durch eine breit angelegte Erhebung aktueller Daten.
In Karlsruhe werden 240 Bäume an verschiedenen Standorten wie Parks oder Straßen mit Sensoren ausgestattet, um über einen längeren Zeitraum nachvollziehen zu können, wie sich aktuelle Umweltveränderungen auf das Wachstum von Bäumen auswirken. Für eine breitere Datengrundlage erfolgen außerdem Messungen an Bäumen mit ähnlichen Wachstumsbedingungen in Freiburg, Mannheim und Heidelberg. Ergänzt wird diese Feldforschung durch Computermodelle mit digitalen Zwillingen von Stadtbäumen.
Partner aus Wissenschaft und Praxis
An dem vom ITAS geleiteten Projekt sind zahlreiche Partner aus Wissenschaft und Praxis beteiligt, die sich ergänzende Aufgaben im Projekt übernehmen. Während sich das ITAS auf die Frage konzentriert, welche spezifischen Bedingungen das Wachstum von Bäumen in Städten beeinflussen, identifiziert das Institut für Geographie und Geoökologie des KIT Mechanismen des vorzeitigen Baumsterbens. Das Team der Universität Freiburg erarbeitet Grundlagen, um Stadtverwaltungen dabei zu unterstützen, künftig geeignete Baumarten auszuwählen und deren Bewirtschaftung zu optimieren.
Das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim wiederum untersucht, wie sich die An- oder Abwesenheit von Bäumen in der Stadt auf das Wohlbefinden des Menschen auswirkt. Dazu kombinieren die Forschenden bildgebende Verfahren des Gehirns, eine Smartphone-App, Geolokalisierung und psychologische Auswertungen. Darüber hinaus sind zwei Unternehmen beteiligt: Die Rinntech-Metriwerk GmbH & Co. KG entwickelt ein weitgehend automatisiertes Verfahren, mit dem Kommunen die Gesundheit von Bäumen bewerten können. Die greehill Deutschland GmbH scannt etwa 45 000 Bäume in den beteiligten Städten und stellt sie als digitale Zwillinge zur Verfügung. Als Bindeglied zwischen Theorie und Praxis fungiert schließlich das Gartenbauamt der Stadt Karlsruhe, das die Forschung vor Ort ermöglicht und die Projektergebnisse in die städtischen Abläufe integriert.
Ergebnisse sollen Bewirtschaftungspraxis verbessern
„Wir sind optimistisch, dass unsere Ergebnisse dazu beitragen können, die derzeitige Bewirtschaftungspraxis von Stadtwäldern trotz steigender Herausforderungen und begrenzter Ressourcen entscheidend zu verbessern – insbesondere im Hinblick auf die Auswahl neuer Baumarten, die Inventarisierung und die regelmäßige Kontrolle des Baumbestands sowie die Baumpflege“, sagt Projektleiter Saha. Darüber hinaus könne ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Bäumen und dem Wohlbefinden der Menschen dazu beitragen, die positiven Wirkungen von Stadtbäumen bekannter zu machen und besser zu nutzen.
Über URBORETUM
Gefördert wird URBORETUM vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme REGULUS. Das URBORETUM-Forschungsteam ist eine von zehn Innovationsgruppen, die in ganz Deutschland an Lösungen für eine nachhaltige und klimaschützende Wald- und Holzwirtschaft forschen. (mo)
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Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.
Autorin: KIT – Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft; zusammengestellt von Gert Holle - 31.07.2024