«Ein gutes, neues Jahr» – aber wie lange eigentlich?

Stefan Häselis Kommunikationstipps: Mehr Nähe im Alltag

Foto: canva.com / Stefan Häseli / Gert Holle
Foto: canva.com / Stefan Häseli / Gert Holle

 

«Ein gutes, neues Jahr» – aber wie lange eigentlich?

 

Jedes Jahr das gleiche kommunikative Halbdrama bzw. ein oft geäußerter, leichter Unsicherheitsfaktor: Wie lange kann man „ein gutes, neues Jahr“ wünschen, ohne dass es peinlich oder seltsam wird? Direkt in der durch-geprosteten Silvesternacht ist das natürlich kein Problem – Familie und Freunde werden fast schon traditionell mit Neujahrswünschen bombardiert. Aber was ist mit den Kolleginnen und Kollegen, die man erst irgendwann im Januar wiedersieht? Anfang Januar? Mitte Januar?

 

In solchen Momenten kann man hoffen, dass der andere den ersten Schritt macht .. oder man fragt den immer wieder bedeutungsvollen Knigge. Laut diesem gibt es zwar kein Gesetz, das festlegt, wann Neujahrswünsche nicht mehr erlaubt sind, aber es gibt eine Faustregel: Für eher unbekannte Menschen – etwa den Nachbarn, den man nur beim Müll rausbringen sieht – beschränken sich die Wünsche auf die ersten beiden Januarwochen. Alles danach könnte wirken, als hätte man den Jahreswechsel verschlafen. 

 

Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: Sieht man eine vertraute Person erst Ende Januar, darf man getrost noch mit einem „gutes neues Jahr“ punkten. Aber Achtung: Ab Februar könnte es auch hier so wirken, als hätte man sich irgendwie im Monat verirrt oder lebt nach einem eigenen Jahreskalender.

 

Und um es nochmals in Erinnerung zu rufen (darüber redet Knigge zwar nicht, ist aber mindestens so wichtig): Wünsche sind Wünsche und keine Floskeln. Ein vom kommunikativen Autopiloten daher gesagtes «ich wünsche dir ein gutes, neues Jahr» ist nicht mehr, als eben eine Wortzusammensetzung im Stil von «Hauptsache ich hab etwas gesagt». Weil einander etwas wünschen etwas sehr Schönes ist, mache ich folgendes beliebt: wünschen Sie es wirklich! Sammeln Sie kurz den Gedanken, sprechen den Wunsch aus, schauen in die Augen, lassen die Aussage ankommen (oder im Theaterjargon «landen») - und machen eine kurze Pause.

 

Dann können Sie ja immer noch mit dem eigentlichen Gespräch beginnen. Aber «ich wünsche dir noch ein gutes, neues Jahr und hast du gesehen, ein Kunde hat sich noch beschwert» im gleichen Satz und Atemzug nimmt dem Wunsch das Verheißungsvolle.

 

Ich wünsche Ihnen ein freudvolles, schönes, gutes, neues Jahr – mit den nötigen Pausen am richtigen Ort und zur richtigen Zeit…

 

 

 

Zum Autor

Foto: privat
Foto: privat

Stefan Häseli ist Experte für glaubwürdige Kommunikation, Keynote-Speaker, Moderator und Autor mehrerer Bücher. Als ausgebildeter Schauspieler mit jahrelanger Bühnenerfahrung schreibt er ganze Abendprogramme selbst. Dazu kommen Engagements in Kinofilmen, TV-Serien, TV-Werbespots und Schulungsfilmen. Er betreibt ein Trainingsunternehmen in der Schweiz. Häseli ist mehrfach international ausgezeichneter Redner und Trainer. Die Kommunikation in ihren unterschiedlichen Welten und die Details in der Sprache faszinieren ihn und prägten seinen beruflichen Werdegang. Er begeistert in seinen Fachartikeln und Kolumnen mit feinsinnigem Humor. https://stefan-haeseli.com/

 

 

Lieber ein Monteur, der vor dem Kundenkontakt etwas Lampenfieber hat, als eine Lampe, die im Dauerfieber steckt. 


Autor: Stefan Häseli; zusammengestellt von Gert Holle - 20.12.2024