Oktober 2024: btw…by the way – übrigens, wo wir gerade dabei sind…

Nehmen wir einfach einmal an, Sie entdecken in einem landläufigen Messenger-Dienst folgenden Dialog:

Hey!

GM! 🌞
WYD?
Tbh, nur chillen. LOL
TMI, aber ich fühl mich müde. 😴
FOMO am WE?
YAAAS! Party? 🎉
IDK, hab noch nichts geplant.
LMK wenn du was machst!
BFF-Vibes! ❤️

BRB, muss kurz was erledigen.
AFK für ne Stunde.
ICYMI, der neue Film ist mega! 🎬
2g4u! 🤣

TTYL! ✌️

Was haben die ausgetauscht? Unter Umständen erübrigen sich männigliche Gedankensprünge, weil Sie es wissen. Dann sind Sie ein wahrer Chat-Junkie, der sämtliche Abkürzungen kennt, verinnerlicht hat und schon fast wie eine Fremdsprache auf C2-Niveau im Griff hat. Vielleicht erahnen sie auch nur in groben Zügen, welche kryptische Botschaft hier den anderen hat erreichen wollen. Oder Sie haben schlichtweg keine Ahnung und halten das Ganze für einen eines Phishing-Chatbot produzierten Schmarren, löschen es bedenkenlos und fragen sich aber dennoch, was Ihnen das Universum zugänglich machen wollte.

Für Gruppen 2 und 3, hier die Auflösung:

Hey!

GM! (Good Morning – guten Morgen) 🌞
WYD? (What are you doing? – was machst gerade?)
Tbh, (To be honest – um ehrlich zu sein) nur chillen. LOL (Laughing out loud – lautes Lachen)
TMI, (Too much information – zu viele Infos) aber ich fühl mich müde. 😴
FOMO (Fear of missing out – Angst, etwas zu verpassen?) am WE? (Wochenende)
YAAAS! (Ja, auf jeden Fall!) Party? 🎉
IDK, (I don't know – keine Ahnung) hab noch nichts geplant.
LMK (Let me know – lass es mich wissen) wenn du was machst!
BFF-Vibes! (Best Friends Forever) ❤️

BRB, (Be right back – bin gleich wieder da) muss kurz was erledigen.
AFK (Away from keyboard – weg von der Tastatur) für ne Stunde.
ICYMI, (In case you missed it – falls du es verpasst hast) der neue Film ist mega! 🎬
2g4u! (to good for you – zu gut für dich) 🤣

TTYL! (Talk to you later) ✌️

Merke: Abkürzungen sind sinnvoll, um Zeichen zu sparen – aber funktionieren natürlich nur, wenn ich davon ausgehen kann, dass mir persona im Empfängerfeld auch folgen kann. Wenn Sie noch zu derjenigen Generation gehören, die fein säuberlich die Gross- und Kleinschreibung, Interpunktion, Kommasetzung pflegen und Wert auf korrekte Grammatik auch in digitalen Medien legen, ist das aber durchaus auch ein Statement. Stil hat immer Platz.

Und wer jetzt auf die jungen Menschen losgeht mit dem proklamierten Vorurteil, dass die ja heute zu faul sind, um Wörter auszuschreiben: es gab mal eine Zeit, da übermittelte man Telegramme (nicht zu verwechseln mit dem Messengerdienst ‘Telegram’). Hier wurden Buchstaben gezählt, weil es ab 10 Buchstaben pro Wort teurer wurde. Da hat man ohne sprachlichen Gewissensbisse durchaus mal ein «h» verschwinden lassen oder ein «sch» in ein «sh» transferiert…

eom (End of the Message), hagd (have a good day, haben Sie einen guten Tag) J

Stefan Häseli ist Experte für glaubwürdige Kommunikation, Keynote-Speaker, Moderator und Autor mehrerer Bücher. Als ausgebildeter Schauspieler mit jahrelanger Bühnenerfahrung schreibt er ganze Abendprogramme selbst. Dazu kommen Engagements in Kinofilmen, TV-Serien, TV-Werbespots und Schulungsfilmen. Er betreibt ein Trainingsunternehmen in der Schweiz. Häseli ist mehrfach international ausgezeichneter Redner und Trainer. Die Kommunikation in ihren unterschiedlichen Welten und die Details in der Sprache faszinieren ihn und prägten seinen beruflichen Werdegang. Er begeistert in seinen Fachartikeln und Kolumnen mit feinsinnigem Humor. https://stefan-haeseli.com/

Die Emotion, die ich beim Schreiben habe, prägt unbewusst meinen Schreibstil. 

Autor: Stefan Häseli; zusammengestellt von Gert Holle - 1.10.2024