Lampenfieber – oder wenn die Lampe fiebert
Nicht jeder hat das Glück, ein gottbegnadeter Handwerker zu sein. Alles, was komplizierter ist, als ein Nagel in ein vorgebohrtes Loch zu schlagen, fordert mich bis aufs Äußerste bzw. delegiere ich unterdessen an veritable Fachkräfte. Die raffiniert an einem ausgeklügelten Drahtschema aufgehängten Niedervolt-Deckenleuchten in unserem Wohnzimmer beginnen irgendwie zu flackern. Es sieht aus, als hätte die Lampe Fieber. Schubweise flackern sie, ‚hell‘ wechselt sich mit ‚wackelnd-weniger-hell‘ ab. So wie in einer schweißgebadeten Nacht einer fiebrigen Grippe-Ouvertüre beim Menschen.
In Ermangelung praktischer Fähigkeiten und aufgrund des verlassenen Mutes, sich trotzdem an die Stromdrähte zu wagen, rufe ich den Spezialisten an. „Elektro Schock GmbH, B. Leuchter am Apparat“ nimmt ein gestresster Fachmann ab.
Jetzt geht’s los. Ich fiebere innerlich mit, ob das vereinbarte Date nun zu Stande kommt.
Es geht los. Er fragt mich zurück, ob ich denn Fluoreszenz oder LED-Leuchten habe und ob die Fassung keramisiert sei. „Weiß nicht, ich bin nicht der Fachmann“ – „Ja, ich muss das aber wissen, sonst weiß ich ja gar nicht, was ich für Material mitnehmen soll“ – „dann nehmen sie doch alles mit“ – „Kann ja nicht den ganzen Laden in mein Auto verpacken“ - „Ist glaub nicht mein Problem“ – „gut, dann mache ich diesen Krampf halt“ – „gerne – also, bis sofort“.
Die Definition von „sofort“ habe ich verpasst. Die Fortsetzung dieser Geschichte können Sie sich denken. Nach 2 Wochen fiebern die Lampen immer noch. Ich beginne mich daran zu gewöhnen. Und das wirklich Schlimme? Sie alle würden reihenweise solche Geschichten kennen. Wie wenn klemmende Garagentore oder undichte Geschirrspülmaschinendeckel nicht schon schlimm genug wären.
Es fiebert immer wieder! Eine ganze Branche liegt in der Imagefalle. Nicht Preisdiskussionen, sondern solche Geschichten verursachen diese. Und darum spreche ich alle Handwerksbetriebe direkt an: Schaffen Sie beim Kunden ein positives Erlebnis statt eine bestätigte Befürchtung. Eine aktive Kommunikation steht absolut im Vordergrund. Machen Sie z.B. das Zeitmanagement transparent, statt „ich komm im Verlaufe des Tages“. Eine aktuelle Studie sagt, dass 78% der Kunden mit der Kommunikation Ihres Service-Monteurs unzufrieden sind!
Klar, die fachlichen Qualifikationen bleiben nach wie vor sehr wichtig. Sie werden aber als selbstverständlich erwartet. Schließlich ist der Maurer ein „Maurer-Profi“ und alles andere als eine saubere Arbeit wirkt peinlich. Oder sahen Sie einen Fußball-Profi auf dem Feld im EM-Achtelfinale, der sich beim Schiedsrichter über die Offside-Regel informieren muss?
Und darum: Lieber ein Monteur, der vor dem Kundenkontakt etwas Lampenfieber hat, als eine Lampe, die im Dauerfieber steckt.