Rohrberger Kinder und Jugendliche lernen Franz und Klara von Assisi kennen

Bonifatiuswerk fördert Religiöse Kinderwochen in diesem Jahr bundesweit mit 356.600 Euro

Theo (6) und Julia (8) üben an Jonathans Arm, wie man am besten einen Verband anlegt. (Foto: Simon Helmers)
Theo (6) und Julia (8) üben an Jonathans Arm, wie man am besten einen Verband anlegt. (Foto: Simon Helmers)

19.08.2024

 

Von Simon Helmers

 

 

(Paderborn/bfw) - Lauter Gesang dringt durch die offene Kirchentür. „Laudato si, o mi signore, laudato si.” Rhythmisches Klatschen setzt ein, das jedoch wie der Gesang mit der Zeit aus dem Takt gerät. Auch wenn die etwa 50 Kinder in der Rohrberger St.-Pankratius-Kirche nicht alle Töne treffen – sie singen mit Freude das vielleicht bundesweit bekannteste religiöse Lied „Laudato si“. Die Schlusszeile des Refrains „Sei gepriesen, denn du bist wunderbar, Herr!“ wird regelrecht geschmettert. Die Mädchen und Jungen nehmen an einer Religiösen Kinderwoche (RKW) teil. Diese steht in diesem Jahr unter dem Titel „Pace e bene – einfach leben mit Klara & Franz“.

Das gemeinsame Gebet darf bei einer Religiösen Kinderwoche nicht fehlen. (Foto: Simon Helmers)
Das gemeinsame Gebet darf bei einer Religiösen Kinderwoche nicht fehlen. (Foto: Simon Helmers)

Die ganze Woche dreht sich inhaltlich um die historischen Personen Franz von Assisi, geboren als Tuchhändlersohn Giovanni di Pietro di Bernardone, und Klara von Assisi, geboren als Chiara Scifi, Tochter eines Adeligen. Unter anderem färben die Kinder weiße Tücher ein – beim Kauf gefärbter Stoffe können sich Franz und Klara damals begegnet sein. Die siebenjährige Greta tröpfelt gelbe Farbe auf das Stoffknäuel: „Das sieht schön aus! Gleich muss das Tuch trocknen.“ An einem anderen Tisch bereitet die achtjährige Hanna Halsketten vor, die alle Teilnehmenden mitnehmen können: Das Zeichen des Franziskanerordens, der griechische Buchstabe Tau, wird aus einem Holzring herausgebrochen. „Da fehlt dann nur noch das Lederband!“ Die zehnjährige Samira und die zwölfjährige Tanja bemalen am Nachbartisch zwei große Pappaufsteller von Franziskus und Klara.

 

 

Mit gut gezielten Hammerschlägen wurden die Tau-Anhänger aus einem Holzring gebrochen. (Foto: Simon Helmers)
Mit gut gezielten Hammerschlägen wurden die Tau-Anhänger aus einem Holzring gebrochen. (Foto: Simon Helmers)

 

 

Jeder Tag der Religiösen Kinderwoche beginnt mit einem Impuls und der Arbeit in Kleingruppen. Die Mädchen und Jungen lernen die Gesellschaftsordnung im Mittelalter kennen, wie sich der Alltag zu jener Zeit ohne moderne Technik angehört haben muss und warum Franz und Klara ihr altes Leben hinter sich gelassen und stattdessen dem Ruf Gottes in ihren Herzen gefolgt sind. Die Kinder hinterfragen auch ihr eigenes Leben: Wie leben sie in ihren Familien, was sind ihre Träume, worauf können sie verzichten, mit wem teilen sie gerne was sie haben? Doch die Religiöse Kinderwoche ist mehr als nur Theorie: Am ersten Nachmittag erwartet die Kinder auf dem Rohrberger Sportplatz ein Stationslauf: Beim Wikingerschach gilt es als Team zusammen so viele Hölzer wie möglich umzuwerfen und beim Eimerlauf müssen die Kinder mit einem Schwamm Wasser von dem einen Behältnis in das andere bringen. An drei Stationen eignen sich die Teilnehmenden Erste-Hilfe-Kenntnisse an. Nur auf den ersten Blick Programmpunkte, die wenig mit Klara und Franz zu tun haben, erläutert Thomas Rhode, seit vier Jahren Gemeindereferent in der Pfarrei St. Matthäus, zu der die Gemeinde in Rohrberg gehört: „Franz und Klara haben sich um Bedürftige gekümmert sowie diese gepflegt. Auf der anderen Seite Teambuilding-Maßnahmen: Gemeinsam etwas schaffen, ob es Dosenwerfen oder Wikingerschach ist. Denn auch Klara und Franz mussten nicht allein wirken, sie gründeten Orden, denen sich viele Menschen anschlossen.“

Auf dem Sportplatz waren auch Spielgeräte, die die Kinder und Jugendlichen zwischendurch nutzen konnte. (Foto: Simon Helmers)
Auf dem Sportplatz waren auch Spielgeräte, die die Kinder und Jugendlichen zwischendurch nutzen konnte. (Foto: Simon Helmers)

 

 

An dem einen Tag auf dem Sportplatz herumtoben, am nächsten gemeinsam ins Freibad gehen, an einem anderen nach Erfurt zur Kinderwallfahrt aufbrechen – das Programm der RKW ist so bunt wie die Teilnehmer. „Das Programm ist auf christlicher Basis, man muss aber nicht katholisch sein, um hier mitmachen zu dürfen“, erklärt Thomas Rhode. „Wir haben auch evangelische und auch konfessionslose Kinder dabei.“ Das franziskanische Motto „Frieden und Gutes tun“ sowie das einfache Leben, das Klara und Franz vor 850 Jahren führten, spreche alle an: Ziel der RKW sei es, „dass die Kinder beide als Beispiel und als Vorbild sehen, dass sie lernen in was für einer Situation wir heute leben und wie sie Nächstenliebe umsetzen können“, sagt Thomas Rhode, selbst seit 1997 erst als Teilnehmer, dann als Betreuer und nun als Leiter dabei. Unterstützt wird er von einem großen Team an ehrenamtlichen Helfern. „Die Arbeit mit Kindern macht mir Spaß, das habe ich in meinem Beruf so nicht“, sagt Kerstin Werner, Bankkauffrau und seit sechs Jahren ehrenamtliche RKW-Helferin. „Ich finde es toll, dass hier Kindern neben dem Sozialen auch der Glaube nahegebracht wird und sie davon auch etwas mitnehmen am Ende des Tages.“

 

Rohrberg gehört zur Pfarrei St. Matthäus Arenshausen, die eine RKW in diesem Jahr auch in Kirchgandern sowie in Gerbershausen veranstaltet. „Die Familien haben sich darauf eingestellt, dass sie immer in der letzten Woche der Sommerferien stattfindet, sodass wir eine konstante Zahl an Teilnehmenden haben“, sagt Thomas Rhode. In der gesamten Pfarrei kommen in diesem Jahr 170 Kinder ab der ersten Klasse zusammen – eine Altersbeschränkung nach oben gibt es nicht, man kann so lange teilnehmen, wie man Lust hat. Die siebenjährige Greta ist das erste Mal dabei. „Ich wollte mal mitmachen, meine Freundinnen sind auch hier.“ Luise und Milena hingegen, beide elf Jahre alt, waren schon häufiger dabei. „Wir sehen hier unsere Freundinnen, kommen aber auch jedes Jahr wieder, weil es immer wieder Spaß macht.“ Bei Milena kommt noch ein weiterer Beweggrund hinzu: „Der Thomas ist mein Onkel und die Ute ist meine Oma“, sagt Milena. Der Onkel als Gemeindereferent, die Oma als freiwillige Helferin – Religiöse Kinderwochen sind im wahrsten Sinne Familie.

 

Seit über 60 Jahren trägt die RKW in der Diaspora Deutschlands dazu bei, dass Kinder sich als Kirche erfahren. Das Bonifatiuswerk hat die Religiösen Kinderwochen in diesem Jahr bundesweit mit 356.600 Euro gefördert.

 

 

 

 


Autor: Simon Helmers / Bonifatiuswerk - zusammengestellt von Gert Holle - 19.08.2024