Podcast „Kopfsalat“: Einsamkeit und Behinderung

Jasmin Dickerson und Raúl Krauthausen über Einsamkeit und Behinderung – Podcast „Kopfsalat“

Foto: frnd
Foto: frnd

24.04.2025

 

  • Aktivistin und Autorin Jasmin Dickerson über Einsamkeit, Behinderung und das Finden ihrer starken Stimme – zur Folge
  • Aktivist und Autor Raul Krauthausen über Einsamkeit, Behinderung und das Aushandeln von Selbstbestimmung – zur Folge 
  • Freunde fürs Leben Podcast „Kopfsalat“: zwei neue Folgen – jetzt auf frnd.de/kopfsalat

 

 

in zwei neuen Folgen des Podcasts „Kopfsalat“ von Freunde fürs Leben e.V. geht es um Einsamkeit im Kontext von Behinderung. Moderator Sven Haeusler spricht in der ersten Folge mit der Autorin, Aktivistin und alleinerziehenden Mutter Jasmin Dickerson. Sie erzählt von ihren Erfahrungen als autistische Frau mit ADHS – und davon, wie sich Einsamkeit durch das Leben zieht, wenn Sichtbarkeit und Teilhabe fehlen. Offen spricht sie auch über die Herausforderungen als pflegende Angehörige und den Mut, sich Gehör zu verschaffen.
In der zweiten Folge ist Raúl Krauthausen zu Gast – Aktivist, Autor und Gründer der Sozialhelden. Er erklärt, warum Nähe und Alleinsein für Menschen mit Assistenz nicht selbstverständlich sind und wie strukturelle Ausgrenzung Einsamkeit verstärken kann. Im Gespräch geht es um Intimität, Scham, Selbstbestimmung – und die Kraft, Erfahrungen zu teilen, um Isolation zu durchbrechen.

Aktivistin und Autorin Jasmin Dickerson über Einsamkeit, Behinderung und das Finden ihrer starken Stimme

Foto: Jasmin Dickerson
Foto: Jasmin Dickerson


 

 


In dieser Folge „Kopfsalat“ spricht Moderator Sven Haeusler mit Jasmin Dickerson über Einsamkeit, Behinderung und gesellschaftliche Ausgrenzung – aber auch über Stärke, Verbindung und das Zurückerobern von Sichtbarkeit. Die Autorin, Aktivistin und alleinerziehende Mutter einer Tochter mit Behinderung teilt offen ihre eigenen Erfahrungen als autistische Frau mit ADHS und beschreibt, wie sie es geschafft hat, trotz struktureller Hürden ihre eigene Stimme zu finden und anderen Mut zu machen. 

Im Gespräch erzählt die 39-Jährige, dass sie Einsamkeit schon seit ihrer Kindheit kennt: Oft fühlte sie sich „dabei, aber nie mittendrin.“ Besonders einschneidend erlebte sie dieses Gefühl in ihrer Mutterschaft. Als immer klarer wurde, dass ihre Tochter eine seltene genetische Erkrankung hat, zog sich ihr Umfeld zunehmend zurück: „Je älter sie wurde, desto mehr haben andere Eltern Abstand gehalten – aus Unsicherheit oder Angst.“

Jasmin Dickerson beschreibt, wie tief Einsamkeit im Leben von Menschen mit Behinderung und pflegenden Angehörigen verankert sein kann – oft still, oft übersehen. Gleichzeitig spricht sie über die Kraft von Diagnosen, Community und digitalem Austausch: „Ich habe mich mit so vielen Menschen vernetzt, denen es ähnlich geht – das gibt mir bis heute sehr viel.“

Heute nutzt die Aktivistin und Autorin ihre Stimme, um auf intersektionale Diskriminierung aufmerksam zu machen: in Texten, Vorträgen und ihrem Podcast „Gepflegtes Chaos“. Sie möchte sensibilisieren, denn für echte Teilhabe brauche es mehr Sichtbarkeit, mehr Zuhören, und Räume, in denen Betroffene nicht erst um Daseinsberechtigung kämpfen müssen.

Aktivist und Autor Raúl Krauthausen über Einsamkeit, Behinderung und das Aushandeln von Selbstbestimmung

Foto: Anna Spindelndreier
Foto: Anna Spindelndreier

 


In der zweiten Folge „Kopfsalat“ spricht Moderator Sven Haeusler mit Raúl Krauthausen über die feinen Unterschiede zwischen Alleinsein und Einsamkeit – und darüber, was es bedeutet, diese Zustände als Mensch mit Behinderung immer wieder neu verhandeln zu müssen. Der Autor, Aktivist und Gründer der Sozialhelden spricht offen über Intimität, Scham, Beziehungen und die Herausforderungen im Alltag mit Assistenz.

Raúl Krauthausen erklärt, dass Alleinsein für ihn etwas Physisches ist – niemand ist da. Einsamkeit dagegen ist emotional: Ich habe Menschen um mich, kann aber bestimmte Gedanken oder Sorgen nicht teilen. Gerade als Mensch mit Assistenzbedarf sei der Wunsch nach Alleinsein nie selbstverständlich. Das ist nichts, das man sich einfach nimmt: „ich muss es aushandeln. Mit mir selbst, mit meinen Assistenzen. Und manchmal ist es schwer, zu sagen: Bitte lass mich allein.“

Trotz Ehe, Freunden und einem engen Netzwerk spricht der Aktivist auch über die spezielle Form von Einsamkeit, die entstehen kann, wenn Erfahrungen nicht gespiegelt werden: „Es ist ein Unterschied, ob jemand versteht, was Diskriminierung bedeutet – oder ob jemand es wirklich nachempfinden kann, weil er selbst betroffen ist.“

Im Gespräch teilt der 44-Jährige persönliche Einblicke in seine Jugend: das Gefühl, im Datingleben auf der Ersatzbank zu sitzen, Scham beim Bitten um Hilfe, und die späte Erkenntnis, dass es andere Menschen mit Behinderung waren, die ihm den Mut gaben, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen.

Krauthausen plädiert für mehr Verständnis für Nähe, Distanz und professionelle Assistenzbeziehungen – aber auch für mehr Räume, in denen über Einsamkeit gesprochen werden darf. Einsamkeit ist nicht nur ein Mangel an Kontakten, sondern oft ein Mangel an geteilten Erfahrungen.


Über Kopfsalat


Der Freunde fürs Leben-Podcast Kopfsalat erscheint zweimal monatlich und ist auf frnd.de sowie auf den gängigen Podcast-Plattformen wie Apple Podcasts, Spotify, Deezer und RTL+ abrufbar. Die Sonderedition Einsamkeit wird von der KKH Kaufmännische Krankenkasse gefördert. Der Moderator ist Filmemacher und Journalist Sven Haeusler.

Seit 2001 klärt der gemeinnützige Verein Freunde fürs Leben e.V. Jugendliche und junge Erwachsene über mentale Gesundheit, Depression und Suizid auf. Denn durch gezielte Informationsvermittlung über Warnsignale, Hilfsadressen und Therapiemöglichkeiten ist Suizidprävention möglich.


Autor: Freunde fürs Leben e.V.; zusammengestellt von Gert Holle - 24.04.2025