14.03.2024
Julia Klöckner, Bundesministerin a. D. und wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spricht im Interview mit dem Bonifatiuswerk über ihre eigene Erstkommunion, ihren persönlichen Glaubensweg und über die Bedeutung von treuen Wegbegleitern.
Was ist Ihnen von Ihrer eigenen Erstkommunion besonders in Erinnerung geblieben?
Julia Klöckner: Das war deshalb ein besonderer Tag, weil ich als Neunjährige im Mittelpunkt der Familienfeier stand, das erste Mal eine Rede hielt und den Tag aus meiner Sicht darin beschrieb. Mir ist vor allem die Vorbereitung auf den Weißen Sonntag in Erinnerung geblieben, wie aufgeregt und erwartend ich auf diesen Tag geblickt habe. Und das erste Mal der Empfang der Heiligen Kommunion, das war für mich und meine Familie Anlass, ein Fest zu feiern auf unserem Weingut mit Verwandten und Freunden. Die Gemeinschaft und die Praxis in meiner heimischen Kirchengemeinde haben mich bis heute geprägt.
Wie hat Sie der Glaube auf Ihrem Weg des Erwachsenwerdens begleitet und geprägt?
Julia Klöckner: Die Vorstellungen von Gott verändern sich natürlich, je älter ich wurde, umso mehr Fragen und Hinterfragen kamen auf. Als Kind hat man einfach geglaubt, fühlte sich in einer Klarheit aufgehoben. Mein Verantwortungsbewusstsein, mein Gewissen und meine Urteilskraft haben viel mit meinem Glauben zu tun, mit dem, was man anderen antut oder nicht, mit dem, was menschlich anständig ist. Da ich auch Theologie studiert und darin einen Abschluss habe, habe ich mich natürlich intensiver mit dem Glauben, der Wissenschaft, der Geschichte auseinandergesetzt. An die Stelle der kindlichen Gewissheit traten Fragen und Hinterfragen. Aber was mich nie verlassen hat seit meiner Kindheit, ist für mich die tröstende Gewissheit: Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand.
Die Erstkommunion-Aktion 2024 des Bonifatiuswerkes steht unter dem Motto „Du gehst mit!“ Inwiefern sind heutzutage treue Wegbegleiter wichtig?
Julia Klöckner: Nicht nur heutzutage - treue Wegbegleiter waren, sind und werden für uns Menschen immer wichtig sein. Denn nicht jede/r hat das Talent zum Einsiedler … Wegbegleiter sind wie ein Stück Heimat, Vertraut sein, Verstanden werden. Erst im Gegenüber, im Austausch, in der Bestätigung und in der Kritik ist die dynamische Reflexion möglich, der Perspektivwechsel und das persönliche Wachsen und Vergewissern.
Für wen waren Sie schon eine treue Wegbegleiterin?
Julia Klöckner: Ich hoffe, das bin ich noch heute und werde es bis zum Schluss bleiben: für meine engen Freunde und Familie. Aber auch als Kollegen oder im Team mit Mitarbeitern empfinde ich eine solche gegenseitige Wegbegleitung. Selbst bei politischen Mitbewerbern, mit denen man sich versteht, die man wegen ihrer Persönlichkeit trotz unterschiedlicher Positionen schätzt, gibt es eine Wegbegleitung.
Der Glaube hat eine große Bedeutung für Sie, was heißt das für Ihre tägliche Arbeit?
Julia Klöckner: Der Glaube ist für mich etwas Persönliches - ich bin nicht auf Missionsreise, um Mitarbeiter oder Kollegen zu überzeugen. Aber ich erzähle von meinem Glauben, von der Fastenzeit, der Vorfreude auf Ostern, die Bedeutung von kirchlichen Hochfesten. Bei politisch- ethischen Entscheidungen habe ich weitestgehend die christliche Soziallehre verinnerlicht: Jeder Mensch ist gleich viel wert. Leben zu schützen, gehört dazu - ob es alt und gebrechlich ist oder ob es um ungeborenes Leben geht. Jeder hat Talente, aber auch die Verantwortung, diese einzusetzen. Solidarität ist demnach zu verstehen als Gegenseitigkeit und nicht als Einbahnstraße. Es zählt das Individuum, nicht das Kollektiv, Personalität braucht Freiheit, Freiheit bedeutet auch Eigenverantwortung und Subsidiarität. Und Solidarität ist die Hilfe zur Selbsthilfe.
Was wünschen Sie sich von der Kirche?
Julia Klöckner: Relevanz.
Das Gespräch führte Theresa Meier, Redakteurin im Bonifatiuswerk.