Zwischen Welten und Worten Transkulturelle

Übersetzungsprozesse in der Jesuitenmission des 18. Jahrhunderts bei Florian Paucke

19.08.2024

 

Wie fand Kommunikation in der Mission zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Prägung statt? Welche Interessen verfolgten Jesuiten, Indigene und Spanier_innen im Grenzgebiet Gran Chaco in der Jesuitenprovinz Paraguay? Welche Abhängigkeiten entstanden dabei? Antworten auf diese Fragen lieferte der Jesuit Florian Paucke (1719–1780) in seiner Abhandlung Hin und Her, in der er seine Erfahrungen in der Paraguay-Mission verarbeitete.

Ulrich Stober erschließt erstmals grundlegend das Manuskript sowie die über 200 Aquarellzeichnungen des Missionars. Auf dieser Basis werden unter Heranziehung von zahlreichem Archivmaterial sprachliche und kulturelle Übersetzungsprozesse betrachtet. Im Zentrum steht dabei die Auseinandersetzung der Missionare mit der indigenen Sprache, Ernährung und Bekleidung sowie unterschiedlichen Vorstellungen von Geschlechterrollen. Auch wenn Paucke diesbezüglich eine genuin europäische Perspektive einnahm, ist zentral, dass indigene Lebenswelten die Fragen der europäischen Akteure rahmten und formten.

 

Ulrich Stober erschließt erstmals grundlegend das Manuskript sowie die über 200 Aquarellzeichnungen des Missionars. Auf dieser Basis werden unter Heranziehung von zahlreichem Archivmaterial sprachliche und kulturelle Übersetzungsprozesse betrachtet. Im Zentrum steht dabei die Auseinandersetzung der Missionare mit der indigenen Sprache, Ernährung und Bekleidung sowie unterschiedlichen Vorstellungen von Geschlechterrollen. Auch wenn Paucke diesbezüglich eine genuin europäische Perspektive einnahm, ist zentral, dass indigene Lebenswelten die Fragen der europäischen Akteure rahmten und formten.

 

Dr. Ulrich Stober studierte Geschichte und Germanistik in Tübingen und war Promotionsstipendiat der Gerda Henkel Stiftung. Er ist zur Zeit Studienreferendar an einem Tübinger Gymnasium.

 

 

Ulrich Samuel Stober

Zwischen Welten und Worten

Transkulturelle Übersetzungsprozesse in der Jesuitenmission des 18. Jahrhunderts bei Florian Paucke

372 Seiten, 15,0 × 22,0 cm, gebunden mit Fadenheftung
ISBN 978-3-96317-369-1 (Print)
48,00 € (Print)
ISBN 978-3-96317-934-1 (ePDF)
0,00 € (ePDF, Open Access)

Büchner-Verlag, Marburg, erschienen am 13. März 2024

 

 

Kommunikation zwischen unterschiedlichen Kulturen

"Die Stadt San Javier in Argentinien beging 2019 mit einem Festakt den 300. Geburtstag des aus Schlesien stammenden Jesuiten Florian Paucke.1 In diesem Zuge eröffnete sie die erste Station des Paseo Histórico Cultural y Ecológico ›Florián Paucke‹. Dieser Rundweg präsentiert einige Zeichnungen des Missionars in großformatiger Reproduktion, um Wissen über die Geschichte der Stadt und der dort lebenden indigenen Gruppe der Mocobier*innen zu vermitteln. In seinen Zeichnungen, von denen Paucke einige vermutlich noch vor Ort in Spanischamerika anfertigte, dokumentierte der Missionar die Flora und Fauna des Gran Chaco und Alltagspraktiken der Mocobier*innen. Daneben finden sich auch Ansichten und Szenen aus der ehemaligen Reduktion San Javier. "(Auszug aus der Einleitung, Seite 11)

 

 

 

 

In seiner bemerkenswerten Arbeit, die im Sommersemester 2022 von der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen als Dissertation angenommen wurde und die er im Wintersemester 2022/23 verteidigte, .befasst sich der studierte Historiker und Germanist Ulrich Stober mit der Frage, wie Kommunikation in der Mission zwischen unterschiedlichen Kulturen stattfand. Anhand der Aufzeichnungen des Jesuiten-Missionars Florian Paucke, der im 18. Jahrhundert im Grenzgebiet Gran Chaco in der Jesuitenprovinz Paraguay wirkte, können Leserinnen und Leser viel Erstaunliches über die Kommunikation im Alltagsleben erfahren. Wie gingen die Missionare mit der indigenen Sprache um? Wie liefen Übersetzungsprozesse? Wie sahen sie auf die unterschiedliche Lebensweise? Gelang es dem schlesischen Jesuit Paucke während seines 15 Jahre dauernden Aufenthalts die Sitten und Gebräuche zu verstehen und das Vertrauen der Indigenen zu gewinnen? Die rund 200 Zeichnungen Pauckes und die nur als Manuskript überlieferten 1146 Seiten starke Aufzeichnungen bildeten für Stober einen einzigartigen und bis dato nur ansatzweise ausgewerteten Quellenschatz. In gut beschriebenen Einzelsituationen werden die Phasen des interkulturellen Kontakts deutlich, die nicht nur durch die kulturellen Unterschiede, sondern insbesondere auch durch das hierarchische Gefälle geprägt waren. Gleichsam gab es aber auch Abhängigkeiten der Kolonisatoren von den Indigenen, was z.B. die Orientierung, die tägliche Versorgung und den Schutz anbelangte. Einher gehen Einblicke in den Missionsalltag, den Spracherwerb, in Fragen der Kleidung und Ernährung. Besonders interessant sind Erkenntnisse zu den unterschiedlichen Vorstellungen von Geschlechterrollen. Der Untersuchungszeitraum der dem Band zugrundeliegenden Arbeit von Stober umfasst sowohl Pauckes Zeit in Spanischamerika als auch seine Schreibarbeit im Böhmen der 1770er Jahre. – Ein rundum lesenswertes Buch für alle, die sich mit unterschiedlichen Kulturen und deren Verständigung befassen. – Gert Holle, Herausgeber und leitender Redakteur von „WIR IM NETZ – Kultur und Glaube Aktuell“ / www.wirimnetz.net


Autor: Büchner Verlag; zusammengestellt von Gert Holle - 19.08.2024