Sind wir noch zu retten?

Warum sich im Rettungsdienst zeigt, was in unserer Gesellschaft schiefläuft

Foto: Goldmann
Foto: Goldmann

10.10.2024

 

Im Rettungsdienst trifft man nicht nur tagtäglich auf Menschen im Ausnahmezustand, man trifft sie auch da, wo sonst niemand Einblicke hat: in ihren eigenen vier Wänden. Luis Teichmann, Deutschlands bekanntester Rettungssanitäter, erzählt in seinem zweiten Buch von den emotionalen Schicksalen hinter den Notrufen. Er lädt seine Leser*innen dazu ein, mit ihm in den Rettungswagen zu steigen und einige Schichten im fiktiven Stadtviertel Harlem mitzuerleben, angelehnt an ein Brennpunktviertel und jahrelanges Einsatzgebiet des Autors.

 

Die Abgründe, die sich dort offenbaren, sind nicht nur medizinischer, sondern vor allem auch sozialer Art und zeigen, woran unser Land wirklich krankt: Wohnungslose unter Drogeneinfluss, die man zum Ausnüchtern ins Krankenhaus fährt, Jugendliche in akuten psychischen Krisen. Menschen, die im öffentlichen Raum nicht stören sollen, denen aber wirkliche langfristige Hilfe verwehrt wird. Stadtbekannte Wohnblöcke, in denen Uniformträger ein Feindbild sind, weil man Dinge lieber unter sich klärt. Sanitäter*innen, an denen all das nicht spurlos vorbeigeht. Neben den Geschichten seiner Rettungseinsätzen lässt Luis Teichmann auch zahlreiche Kolleg*innen zu Wort kommen, die von den Herausforderungen ihres Berufs auch für die eigene mentale Gesundheit berichten.

 

 

Wir im Rettungsdienst sind die Einzigen, die nahezu überall uneingeschränkten Zugang erhalten und den Ist-Zustand des Landes regelmäßig vorgeführt bekommen“, schreibt Luis Teichmann. Mit klarer Sprache, aber Empathie statt Polemik beschreibt er die Missstände einer Gesellschaft, die zu wenig Fokus auf die sozialen Herausforderungen legt. „Insbesondere seit der Corona-Pandemie habe ich den Eindruck, dass wir zwar viele monetäre Hilfen ausschütten, aber etwas Zentrales zu kurz kommt: die Hilfe von Mensch zu Mensch.“ Um diejenigen, die zurückgelassen wurden, in Einsamkeit oder Verwahrlosung leben, wieder an unsere Gesellschaft anzukoppeln, ist Luis Teichmann unter anderem Befürworter eines Pflichtjahres in sozialen Berufen.

Fotoquelle: Goldmann Verlag
Fotoquelle: Goldmann Verlag

 

 

Luis Teichmann, geboren 1996, absolvierte nach seinem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr im Rettungsdienst und erlangte in diesem Zuge die Qualifikation zum Rettungssanitäter. Im Jahr 2016 begann er das Studium Rettungsingenieurwesen an der Technischen Hochschule Köln und schloss dieses als M.Sc. im Jahr 2022 ab. Seit 2023 wird er an der RWTH Aachen zum Dr. rer. medic. promoviert. Auch während des Studiums war er im Rettungsdienst beschäftigt und verfügt somit als Rettungssanitäter und Rettungsingenieur über praktische als auch theoretische Kompetenzen. Auf Instagram und TikTok berichtet er als @5_sprechwunsch von seinen Erlebnissen und Eindrücken. Sein erstes Buch „Einsatz am Limit“ stand zwölf Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.

 

Luis Teichmann

Sind wir noch zu retten?

Warum sich im Rettungsdienst zeigt, was in unserer Gesellschaft schiefläuft

In Zusammenarbeit mit Saskia Hirschberg

ORIGINALAUSGABE

Paperback , Klappenbroschur, ca. 224 Seiten

ISBN: 978-3-442-14314-6

€ 18,00 [D] inkl. MwSt. | ca. € 18,50 [A] | ca. CHF 25,50 * (* empf. VK-Preis)

 

Am 18. September 2024 bei Goldmann erschienen

Tiefgründig und augenöffnend

In „Sind wir noch zu retten?“ nimmt uns Luis Teichmann, Deutschlands bekanntester Rettungssanitäter, mit auf eine eindringliche Reise durch die oft erschütternde Realität seines Arbeitsalltags. Basierend auf seinen Einsätzen im fiktiven Stadtviertel Harlem, das stark an reale soziale Brennpunkte angelehnt ist, zeigt Teichmann, welche gesellschaftlichen Abgründe sich hinter den Notrufen verbergen. Er erzählt von Menschen, die durch Arbeitslosigkeit, Sucht und psychische Krisen an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden, und von Rettungskräften, die diesen Ausnahmezustand täglich hautnah miterleben.

 

 

Eindrücklich schildert der Autor einen systemischen Missstand: Der Rettungsdienst kann oft nur kurzfristig helfen ohne langfristige Lösungen anbieten zu können. Als Einzelpersonen sind wir daher umso mehr gefordert, im Alltag aufmerksamer und hilfsbereiter zu sein. Das Buch zeigt nicht nur die Herausforderungen des Rettungsdienstes, dem oft nicht der gebührende Respekt entgegengebracht wird, sondern es bietet auch eine ehrliche Auseinandersetzung mit den sozialen Problemen unserer Gesellschaft. Für alle, die sich für gesellschaftliche Themen interessieren und verstehen wollen, warum unser Sozialsystem an vielen Stellen versagt, ist dieses Buch eine klare Empfehlung. – Gert Holle, Herausgeber und leitender Redakteur von „WIR IM NETZ – Kultur und Glaube Aktuell“ / www.wirimnetz.net


Autor: Goldmann Verlag; zusammengestellt von Gert Holle - 10.10.2024