(Frankfurt am Main/jupr) - Schockstarre und Zukunftsangst sind die Gefühle der Krise. Wenn schockierte Entscheider „ängsteln“ treffen sie oft keine schwerwiegenden Entscheidungen oder sie zögern und treffen diese zu spät. Fehler-Angst, Schwierigkeiten sich zu entschließen und Verantwortung für Negativ-Entwicklungen, das beunruhigt Wirtschaft, Unternehmen und Politik besonders in Zeiten von Pandemie und Krieg. Niemand weiß, wohin Entscheidungen führen, wie sie die Gesellschaft verändern und wie die Zukunft aussieht. Fakt ist: Entscheidungen sind keine konstante Größe. Aber dennoch, sobald der Mensch eine Entscheidung getroffen hat, entsteht Agilität, Veränderungsfähigkeit und Bewegung. Aber dürfen Entscheidungen ständig wechseln? Hat man ein Ziel erreicht, wenn man eine Entscheidung getroffen hat? Was kann man tun, wenn man die falsche Entscheidung getroffen hat? Gibt es überhaupt falsche Entscheidungen? Und sollte man zügig oder langsam zu einem Entschluss kommen?
Deutschlands bekannteste Entscheidungs-Expertin und Buchautorin Dr. Johanna Dahm hat ein 12-Punkte-Programm zur Entscheidungsfindung für Wirtschaft und Politik entwickelt. Seit Jahren setzt sie sich mit dem Thema Entscheidungsfindung auseinander und beobachtet in Wirtschaft und Politik immer mehr unentschlossenes Handeln: „Unentschlossenheit in der jüngsten politischen Vergangenheit zeigt sich oft auch darin, dass nach Verantwortlichen für Fehl-Entscheidungen gesucht wird, so werden dringende Entscheidungen blockiert. Vielmehr gilt es, alte Strukturen durch neue zu ersetzen, den unmittelbar erforderlichen Dialog zu suchen und sich in den drängenden Themen Lösungen zum Ziel zu setzen: den Krieg in der Ukraine zu beenden, Umweltauflagen und soziale Gerechtigkeit einzufordern.“
Dahm sieht auch Probleme der Entscheidungsfindung im politischen Kalkül der Rhetorik. „Während die Ära Merkel und jetzt auch Scholz sich im politischen Kalkül der Rhetorik schützen, mangelt es an Klarheit und Tatkraft - auch auf unkonventionellem Wege. Wie Helmut Schmidt es ausdrückte, bedarf es gerade angesichts der Komplexität der Herausforderungen, Vielzahl der global brennenden Themen und Eigeninteressen der politischen Player statt Rückschau, Analysen und gegenseitiger Vorwürfe "Entschlusskraft zu konsequenter Therapie und die Tapferkeit gegenüber tausend partiellen Interessen, Vorurteilen und Widerständen".
Wer wirksame Entscheidungen treffen möchte, sollte nach dem 12-Punkte-Dahm-Programm zur Entscheidungsfindung von Johanna Dahm seine Handlungen vornehmen, um die besten Lösungen zu finden. „Bei der Entscheidungs-Findung tun sich Entscheider immer schwer. Aber wenn Führungskräfte keine Entscheidungen treffen, dann treffen sie dich. An sich gibt es keine falsche Entscheidung, sondern den richtigen Lösungen fehlen nur noch einige Handlungen und diese Sichtweise ist wichtig, um keine Angst vor Fehlern zu haben, denn nur so kann Entscheidungsfindung nicht blockiert werden“, so Johanna Dahm.
1. Ziele festlegen. Probleme erkennen. Analyse.
Welche Ist-Situation besteht in der Gegenwart? Welche Ist-Situation soll in der Zukunft erreicht werden? Hier geht es um die genaue Definition, von dem, was erreicht werden soll. Per Ausschlussprinzip von allem Ungewollten trennen und ehrlich mit sich selbst sein, wo beides noch zu wenig klar ist, präzise und ohne Konditionen formulieren. Oft sind im persönlichen ebenso wie im unternehmerischen Kontext Ziele zu generisch und werden hinsichtlich ihrer Erreichbarkeit zerredet. Deshalb klare Ziele stellen!
2. Visionen entwickeln. Nach den Sternen greifen. Mut.
Von dem, was gewollt ist, sollte eine Vision entstehen. Eine Vision beschreibt, was im Unternehmen oder in Politik und Gesellschaft in der Zukunft erreicht werden soll. Die Vision sollte auf einen längeren Zeitpunkt ausgelegt sein. Hierbei sollen die Strategien, die Werte und die Kultur einer Organisation ausführlich beschrieben sein. Wichtig: Mut haben, groß zu denken und sich nicht in Details verlieren.
3.Szenariotechnik. Worst Case Scenario kreieren. Notfallplan.
Was kann im schlimmsten Fall durch die getroffene Entscheidung passieren? Es sollten verschiedene Ereignisse, die in der Zukunft eintreten könnten, gedanklich und spielerisch inszeniert werden.
Der ”Worst-Case“ ist, dabei das für das Unternehmen und die politische Entscheidung ungünstigste Ergebnis. Das sollte thematisiert werden. Wer viel will, muss viel tun. Ziele werden oft durch Bequemlichkeit nicht erreicht, da scheitert es schon an der Entscheidung, die Komfortzone zu verlassen.
Aber bitte mal die Frage stellen: Was kann bei Verzögerungen, bei Nichterreichen von Zielen, beim Fortbestehen unternehmerischer oder politischer Engpässe passieren? Und welche Folgen hat dies schlimmstenfalls für die Öffentlichkeit, Kunden, Mitarbeiter und die Stellung des Wettbewerbers?
Wenn auch unpopulär, so lohnt es sich doch, gemeinsam mit Entscheidern und Führungskräften Notfallpläne, Krisenpläne und Backups zu entwickeln, um fokussiert die Zielerreichung anzustreben, Einwände von Kunden und Investoren auszuhebeln und sich vor Augen zu führen, dass Nicht-Handeln keine Option ist.
4. Handlungsoptionen recherchieren, aber... Vertrauen.
Jede politische und unternehmerische Entscheidung soll optimal abgesichert sein. Das Recherchevolumen im Vorfeld einer Entscheidung kann aus Angst vor dem Verpassen der besseren Option (Fear of better option, FOBO) schon mal antiproportional ansteigen.
Am größten ist die Angst, etwas falsch zu machen. Zwar wird seitens vieler Unternehmen eine positive Fehlerkultur proklamiert. Im Alltag aber das Gegenteil gelebt. Die Folge: Bei möglichen Worst Case Scenarien werden Optionen nicht mehr erwogen, Prioritäten falsch gesetzt, Deadlines verpasst. Das kostet Zeit, Geld und Nerven.
Ein Wort zur Situation in Unternehmen: Bereits die Delegation von Verantwortung fällt den meisten Chefs schwer. Sie trauen ihren Mitarbeitenden nur sehr bedingt eigenständige Entscheidungen zu, nach dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle besser“. Es löst fast Entsetzen aus, Informationen auf dem Weg zur Entscheidung zu verpassen (Fear of missing out, FOMO).
Es fehlt das Vertrauen in die eigene Mannschaft, was die Email-Fülle in CC, BCC und die Tausende Stunden von Abstimmungsmeetings erklärt: im Mittel 7.000 Stunden pro Jahr und Kopf. Viele Chefs geben zwar vor, ihren Mitarbeitenden freie Hand zu lassen, in Wahrheit wollen sie aber doch alle Entscheidungen selbst treffen.
Die allseits beklagte Komplexität und der angewachsene Handlungsdruck sind also vielfach hausgemacht, weswegen akute Krisensituationen dann umso schlechter bewältigt werden können.
5. Recherche- und Entscheidungszeit verkürzen
Ein ambitioniertes Timing, maximal 30-40% der üblichen Recherche und Entscheidungsfindung soll vorgegeben sein, das vereinfacht den Entscheidungsprozess und erlaubt im Anschluss mehr Zeit für die Umsetzung.
Verkürzte Klausurtagungen, Meetings, Ausschlussverfahren und Thinktanks sowie das Vertrauen auf „gut ist gut genug“ unterstützen Entscheidungsprozesse.
Ein Tipp: Meetings oder Klausurtagungen im Stehen abhalten und auch Remote die Rollen für Moderation, Protokolle etc. rotieren.
6. Optionen aussortieren. Nur effektive Handlungsoptionen beachten. Abstimmen.
Entscheidungen können beschleunigt werden, indem allzu ähnliche Optionen aussortiert und nur klare Zuordnungen wie „gut/schlecht“ bzw. „ja/ nein“ zugelassen werden.
Einmal aussortierte Alternativen werden auch im Nachgang nicht mehr zugelassen. Hier helfen die Einführung und Wahrung strikter Spielregeln. Führungskräfte können Vor-Entscheidungen sehr gut delegieren und auch in Meetings ihren Teams die besten Optionen präsentieren lassen. Im Nachgang wird dann nur noch abgestimmt.
7. Intuition ist (nur) eine Stimme. Auch mit Bauchgefühl abwägen.
Bei einer intuitiven Entscheidung können Entscheider nie begründen, warum man für oder gegen etwas ist.
Bauchgefühl kann richtig sein, muss aber nicht.
Wenn die Fakten mit der Intuition übereinstimmen (Kopf und Bauch), stehen die Chancen für die Umsetzung einer Entscheidung am besten. Ein schlechtes Bauchgefühl sollte nicht ignoriert werden.
Optimal ist es, auch den inneren Kompass zu hinterfragen, da dadurch frühere Ereignisse und subjektives Empfinden ebenso wie negative Erfahrungen in bestimmten Situationen fehlgeleitet werden können. Gerade in Gruppen-Entscheidungen sollten „innere“ Stimmen ruhig kommuniziert, aber nicht für allzu bare Münze genommen werden, da sie ursächlich meist eine private Historie haben.
9. Entscheidung nie ohne Plan B. Entschlusskraft ist wichtiger als Sicherheit.
„Die Kunst beim Entscheiden ist es einerseits entschlossen, andererseits flexibel zu sein“
Oft wird die Frage gestellt, wie man eine 100% sichere Entscheidung treffen könne. Vor allen Dingen hinsichtlich politischer Belange, Investments oder mit Blick auf die wirtschaftliche Zukunft. Eine nachvollziehbare Frage. Wichtiger als die Sicherheit ist die Entschlusskraft, also die Einstellung, auch bei sich verändernden Umfeld Faktoren hinter der eigenen Entscheidung zu stehen und diese auch umzusetzen.
Oft verfügen Entscheider in Wirtschaft und Politik nicht über ausreichende Flexibilität auch bei Unwägbarkeit auf dem Weg zum Ziel, den angestrebten Zustand auch tatsächlich zu erreichen. Und Sie geben auf.
Statt euphorisch einem Ziel hinterher zu hetzen, sollen im strategischen Plan, im anvisierten Erfolg, kalkulierte Misserfolge aufgestellt werden.
Auf Planänderungen sollte man vorbereitet sein. Unvorhergesehene Planen, Änderungen oder Veränderungen lösen Stress aus, den man sich somit ersparen können. Denn eine gut ausgearbeitete zweite Option, Plan B, wirkt Stress entgegen. Beruhigt!
10. Perfektionismus ablegen.
Lieber alles richtig machen und alle Fehler vermeiden (auch um sich um die Meinung anderer keine Gedanken machen zu müssen) und darum lieber alle Möglichkeiten offen halten und gar nicht entscheiden.
Schlicht um die eigene Komfortzone nicht zu verlassen und kein Neuland betreten zu müssen, in dem wir uns weniger sicher fühlen. Ob im Unternehmen oder im Privatleben geht der Veränderungsdruck damit einher, dass wir nach der besten Option streben, und das am besten für die Ewigkeit, liegt ja auch erst einmal auf der Hand, denn wir wollen Verschlechterungen verhindern und die deutliche Verbesserung erzielen.
In der Folge recherchieren wir dann oft so lange und selektieren zwischen den zur Verfügung stehenden Optionen so intensiv, dass wir darüber die eigentliche Entscheidung hinauszögern, manchmal sogar vergessen. Das Beste oder nichts, sagen Menschen des Entscheidungs-Typen „Fear of Best Option“, also Angst, die beste Option zu verpassen. Und diese haben das Ziel der eindeutig besten Alternative. Und das Ziel an sich steht oft hinten an. Die Tendenz, Entscheidungsprozesse zu verkomplizieren, ist hier eine große Gefahr. Dabei resultieren aus Entscheidungen Erfahrungen und diese sind die Grundlage für Wachstum und persönliche Reife.
11. Von den Besten der Geschichte lernen. Entscheidungs-Coach von außen holen.
Jeden Tag verlangt uns das Leben Entscheidungen in Wirtschaft und Politik ab. Manche haben nur einen kurzfristigen Effekt. Andere begleiten die Gesellschaft ein Leben lang.
Entscheidung fallen immer schwerer. Die wirtschaftliche Krisensituation bestärkt das noch. Die Entwicklung der Märkte ist kaum noch zu sehen. Die Angst, mit einer Entscheidung das Unternehmen oder die eigene Karriere in die falsche Richtung zu lenken, wächst.
Für viele Fragen bedarf es profunder RatgeberInnen, die einen professionellen Hintergrund haben.
Der pragmatische Ansatz, von den Besten zu lernen, ist auch bei Entscheidungen eine wichtige Methode bzw. Ansatz. Von dem "Erfolgswissen" hochrangiger Persönlichkeiten können alle profitieren.
12. Prioritäten stets vor Augen haben. Faustformel stellen.
Was wirklich wichtig ist, das können sich selbst Entscheider in Krisen nicht mehr richtig beantworten.
Dabei kann es einfach sein, Prioritäten zu erkennen.
Und vorm Treffen einer Entscheidung sollten wir uns stets die wichtigste Faustformel als Frage stellen: Ist das wichtig in den nächsten zehn Stunden? Wenn nein, dann in den nächsten 10 Monaten? Oder gar Jahren? Und wenn das alles nicht der Fall ist, dann sollte man es ruhig angehen lassen.
13. Belohnung für die Entscheidung, die nicht funktioniert hat
Um Ängste vor Entscheidungen zu nehmen, sollte man die beste Entscheidung, die nicht funktioniert hat, belohnen, gemäß Google, die einen Preis ausschreiben, für die beste Idee, die nicht funktioniert hat.
Johanna Dahm wollte schon als Teenager über Missstände diskutieren, Dinge von mehreren Seiten betrachten. Was ihr lag, waren Dialektik und Hypothesen über Zukunft auf potenzielle Machbarkeit zu prüfen. Das Studium absolvierte sie trotz Eigenfinanzierung durch drei Nebenjobs mit 1.0, die Promotion mit Summa cum Laude.
Sie wuchs in NRW auf, Gleichbehandlung und Integrationsthemen lagen ihr am Herzen. Kein Wunder also, dass sie 1994 als eine der ersten Schülerinnen über die damalige Grenze nach Jena fuhr, um als Repräsentantin der Deutschen Schülergemeinschaft vor TV, Funk und Politik eine flammende Rede über die Wiedervereinigung „Der geteilte Deutsche – Die Mauer muss aus den Köpfen“ zu halten.
Ihr Engagement für Amnesty Int., Greenpeace entfachte auch das Talent für Public Speaking, man sagte ihr eine Karriere u.a. in der Politik voraus, Sie entschied sich jedoch anders, auch gegen das elterliche Unternehmen und gründete mit 25 parallel zur Promotion ihr erstes Beratungshaus, gewann wenig später den Employability Award der Europäischen Union. Es folgten internationale Führungs- und Personalverantwortung in Unternehmensberatung Accenture und Life Science Konzern Novartis, letztere als jüngste weibliche Führungskraft. Ihr Ziel war es stets, Entscheidungsträger gerade durch Krisen und Wandel zu begleiten und dadurch für Mensch und Organisation das bestmögliche Arbeitsumfeld und Entwicklungsbedingungen zu schaffen. Dafür erhielt sie u.a. den World Class Leader Award sowie den Diversity & Inclusion Award. Ihre Wege führten sie nach Indien und Asien, Skandinavien, in die Schweiz und die USA. Privat engagiert sie sich gegen die Beschneidung der Frau in einer kleinen Gemeinde in Ägypten. Dort hat sie mehrere Patenschaften übernommen.
Heute lebt Johanna im beschaulichen Rheinland und im pulsierenden Frankfurt am Main. Gegensätze, Veränderungen und Bewegung haben ihr bisheriges Leben immer geprägt. Dabei genießt sie lange Rheinspaziergänge ebenso wie den Sprint zum Flieger. Mit Überzeugung lässt sie ihre Kunden über sich hinaus wachsen, denn aus eigener Erfahrung weiß sie, dass man über die Komfortzone hinaus gehen muss. Ihr Motto dabei lautet: Keine Veränderung ohne Entschluss!
Im Juni erscheint ihr neuestes Buch "Atlas der Entscheidungen".
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Autorin: Jane Uhlilg PR; zusammengestellt von Gert Holle - 4.04.2022