(Mainz/sl) - Hintergrund: Am Freitag, 13. Oktober 2023, wurde der IQB-Bildungstrend 2022 für die Sekundarstufe I veröffentlicht. Die regelmäßige Erhebung zeigt seit 2015 einen klaren Abwärtstrend in der Lesefähigkeit von Schülerinnen und Schülern der 9. Klasse – über alle Bundesländer hinweg. Insgesamt verfehlen im Bereich Lesen 15 % der Jugendlichen die Mindestanforderungen für den ersten Schulabschluss (ehem. Hauptschulabschluss), ein Drittel verfehlt sogar die Anforderungen für den mittleren Schulabschluss. Die Ergebnisse unterstreichen, dass fehlende Lesefähigkeit nach der Grundschule (s. IGLU 2021) auch in den weiterführenden Klassen nur schwer aufzuholen ist und sich auf den gesamten Bildungsweg der Jugendlichen auswirkt. Denn wer nicht lesen kann, hat auch Schwierigkeiten, sich Wissen in anderen Fächern zu erschließen. Insbesondere zeigt sich erneut, dass das Schulsystem soziale Ungleichheiten in den Familien weder in der Grundschule noch in den weiterführenden Klassen ausgleichen kann – im Gegenteil, der Einfluss des familiären Hintergrunds hat sich sogar noch einmal verstärkt, sodass Jugendliche vermehrt in Bildungsverlierer und -elite aufgeteilt werden. So verlassen rund 47.500 Schülerinnen und Schüler jedes Jahr die Schule ohne Bildungsabschluss (Bertelsmann Stiftung 2021) und ganze 1,9 Millionen junge Erwachsene starten ohne Ausbildungsabschluss in ihr Erwerbsleben (Mikrozensus 2021, Berechnungen des BIBB). Das Problem daran ist eindeutig: Schon heute werden Fachkräfte händeringend gesucht, vor allem in zukunftsrelevanten Branchen.
Statement: Dr. Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen
„Wir können es uns nicht leisten, in der aktuellen Situation Bildungsausgaben zu verringern – aus Gründen der Chancengerechtigkeit, aber auch wegen knallharter Wirtschaftsfaktoren. Denn die Folgekosten mit Blick auf Sozialleistungen und wirtschaftlichen Einbußen werden wesentlich höher sein, wenn wir jetzt nicht in Bildung investieren. Die Schere wird jedes Jahr weiter auseinandergehen, noch mehr Jugendliche werden die Schule ohne Abschluss verlassen und der Fachkräftemangel wird noch deutlicher spürbar, bis wir in Deutschland den Anschluss in wichtigen Zukunftsmärkten komplett verlieren. Wir brauchen jetzt ein Umdenken in Politik und Gesellschaft. Es fängt mit Vorlesen an – vor allem zu Hause und in Kitas – und geht über in das Lesenlernen in der Schule, das deutlich strukturierter und systematisierter werden muss. Als Stiftung Lesen setzten wir uns dafür ein, dass Vorlesen und Leseförderung als die bildungspolitischen Notwendigkeiten gesehen werden, die sie sind.“
Nationaler Lesepakt: Systematisierte Leseförderung in ganz Deutschland
Auf Initiative der Stiftung Lesen und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V. setzen sich zahlreiche Partnerinnen und Partner im Rahmen des Nationalen Lesepaktes für die Systematisierung der Leseförderung ein. Gemeinsam mit renommierten Bildungsexpertinnen und -experten wird ein Rahmenplan erarbeitet, der Empfehlungen aussprechen soll, wie Kinder entlang ihrer Entwicklungsphasen hinweg optimal beim Lesenlernen unterstützt werden müssen. Mittlerweile engagieren sich 180 namhafte Akteure in der Initiative für die Leseförderung.
Über die Stiftung Lesen
Lesen ist die zentrale Voraussetzung für Bildung, beruflichen Erfolg, Integration und eine zukunftsfähige gesellschaftliche Entwicklung. Damit alle Kinder in Deutschland lesen können, engagiert sich die Stiftung Lesen gemeinsam mit Bundes- und Landesministerien, mit Unternehmen, Stiftungen, Verbänden und wissenschaftlichen Einrichtungen in bundesweiten Programmen und Kampagnen. Die Stiftung Lesen steht seit ihrer Gründung unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten und wird von zahlreichen prominenten Lesebotschafter/-innen unterstützt. www.stiftunglesen.de
Autorin: Stiftung Lesen; zusammengestellt von Gert Holle - 14.10.2023