Angedacht: Springen, klatschen, singen – von und mit Gert Holle
9.06.2024
„Wir springen vor Freude, das Fest beginnt“, hörte ich vor ein paar Tagen einen Kinderchor in einem Gottesdienst singen. Die Mädchen und Jungen hüpften dazu. Hin und her, her und hin. Und irgendwie bekam ich Lust, aufzustehen, mitzumachen, zu singen, zu hüpfen. Doch ich blieb sitzen, wie übrigens die versammelte Gottesdienstgemeinde auch. Weil wir als Besucher eines Gottesdienstes gewohnt sind, das zu tun, wozu uns der Pfarrer oder die Pfarrerin auffordert: Wir bekommen Zeichen, wenn wir uns stellen sollen, wenn wir uns setzen dürfen, wenn wir eine Gebetshaltung einzunehmen haben. Fröhlich sein ist da nicht vorgesehen, schon gar nicht hüpfen. Und lachen? Dafür gibt es doch kein Zeichen – oder? – Ich erinnere mich an eine Predigt, in die der Pfarrer zur Auflockerung eine lustige Geschichte einstreute. Niemand lachte. Als er dann sagte: „Das war ein Witz!“ war ein kurzes „Ha-Ha“ aus der Gemeinde zu vernehmen. Angespannte, peinliche Stille folgte. –
Doch springen wir zurück. „Wir klatschen vor Freude, das Fest beginnt“, sangen die Kinder die zweite Strophe weiter. Meine Hände hielten sich am Liedblatt fest, meine Gedanken schweiften, versuchten irgendwie einen Sinn in dem Stillsitzen zu finden. Vergeblich. „Wo ist die Freude geblieben?“fragte ich mich. Und mir fiel eine Geschichte ein, die ich vor vielen Jahren einmal im Konfirmandenunterricht erzählt hatte, weil die Konfirmandinnen und Konfirmanden stets so ernst dreinschauten:
Es war einmal ein Mädchen, das machte sich auf den Weg, die Freude zu suchen. Es wollte sich nicht zufrieden geben, mit dem, was die Leute meinten: es gäbe sie nicht mehr, vor langer Zeit schon sei sie gestorben! Weder Menschen, noch Bäume oder Blumen konnten ihr helfen. Da, auf der Straße begegnete ihr ein altes Pferd. Ausgedient. Auf seinem letzten Gang. Es wunderte sich über die Frage: „Kannst Du mir sagen, wo ich die Freude finde?“
Nachdenklich scharrte es mit den Hufen: „Du suchst die Freude? Warum eigentlich? Allein Dein Suchen ist doch Freude genug! Komm, setz Dich! Erzähl mir was! Ich spüre: Du bist es selber, die Freude!“- Und das Mädchen erfüllte ihm seinen Wunsch. Erzählte von großen und kleinen Pferden, von wilden und zahmen, von traurigen und fröhlichen…. Dem Pferd wurde ganz warm ums Herz. - Da hatte jemand die Freude gesucht und sie doch selber weiter verschenkt. Einfach so. Denn gerade dort, wo man nicht gedankenlos aneinander vorbeigeht, kann dies möglich werden. Wo man Zeit hat füreinander, aufeinander hört und miteinander spricht.“
„Wir singen vor Freude, das Fest beginnt. Wir freuen uns, dass wir zusammen sind!“ Die Kinder fassten sich bei der dritten Strophe an den Händen, hüpften ausgelassen im Kreis. – Meine Lippen fingen an, sich zu bewegen. Und tatsächlich: ich sang mit und freute mich an den Kindern, an dem Lied, an dem Gottesdienst. Und ringsherum stimmten die Leute mit ein, klatschten rhythmisch in die Hände… . Zum Mithüpfen kommt es vielleicht das nächste Mal. Schon morgen? - Wer weiß ….
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Wochenanfang.
Autor: Gert Holle - 8.06.2024