Angedacht: … dann fällt dein Blick auf Gott – von und mit Gert Holle
„Kinder bitten um Rücksicht!“ – Gut sichtbar ist das Plakat am Straßenrand aufgestellt. Und dicht daneben sehe ich den Hinweis auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit. Rücksicht für Menschen, für die es lebensnotwendig ist, dass ich sie nicht übersehe. Wenn sie verträumt und mit den letzten Körnern Schlaf im Auge mit ihren schweren Ranzen zur Schule trotten, wenn sie fast alles um sich herum vergessen. Sie leben in ihrer eigenen Welt. Selbstvergessen. Fröhlich. Traurig. Und ich weiß: oft habe ich keine Zeit für sie. So wie für manch andere auch nicht. Für manche, die mir manchmal auf die Nerven fallen. Für manche, die mit ihrem Alter, mit ihrer besonderen Situation, mit ihrer Fremdheit, mit ihrem Anderssein mitten unter uns leben. Und dennoch: So wie für die kleinen Schüler spüre ich überall kleine Schilder mit der Aufschrift „Rücksicht!“, die darum bitten, genau hinzusehen und mit der Biographie des anderen behutsam umzugehen.
Natürlich haben wir oft wichtige Gründe, über diese Hinweistafeln hinweg zu sehen. Und die lebensnotwendige Rücksicht weicht der Gedankenlosigkeit und dem Eigennutz. „Heutzutage fehlt es den meisten Menschen an Rücksichtnahme, am Respekt vor anderen!“ Wie oft habe ich diesen Satz gehört - und vielleicht ist ja auch etwas dran? Eben, weil es den meisten Menschen mangelt, sich selbst den nötigen Respekt entgegenzubringen. Nur wer den eigenen Wert zu schätzen weiß, kann den Wert des anderen würdigen und ihn respektieren. Aber was nun, wenn man sich seines eigenen Wertes nicht bewusst ist; wenn man in einer Umgebung lebt, die eine Rangfolge danach aufstellt, was du leistest, was du verdienst; wenn die anderen dir eben nicht den Respekt entgegenbringen, weil sie meinen, dass ihre Werte anders und besser sind als deine?
Da ist es doch gut, dass es im Leben ab und an solche Hinweisschilder gibt:“Kinder bitten um Rücksicht!“ Sie erinnern uns daran, dass Menschen wie ihnen das „Himmelreich“ gehört. Nimm Rücksicht, schaue auf die Kinder und die anderen, die dich brauchen. Dann fällt dein Blick auf Gott. Und dann wird klar: Wo immer du Zeit, Verständnis und liebevolle Unterstützung verschenkst, wo immer du Menschen Respekt entgegenbringst, wo immer du dazu beiträgst, dass Menschen sich angenommen fühlen wie sie sind, machst du Gott im Alltag erfahrbar. Und die anderen können spüren: „Ich bin gewürdigt als Kind Gottes!“ -
Hinsehen und wahrnehmen, bei sich und bei anderen – das ist die Grundlage für ein respektvolles Miteinander. So einfach kann es sein.
In diesem Sinne wünsche ich Dir / Euch eine gesegnete Woche.
Gert Holle
Autor: Gert Holle - 9.09.2024