Angedacht: Mehr als eine Tischgemeinschaft

Foto: canva.com
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Gedanken vor Gründonnerstag: Mehr als eine Tischgemeinschaft – Von und mit Gert Holle

 

Am Donnerstag vor Karfreitag erinnern wir uns, wie Jesus sein letztes Mahl feierte, suchen in dem einen oder anderen Gottesdienst am Abend Gemeinschaft. Nennen uns seine Gemeinde, seine Freunde. Vielleicht reichen wir Brot oder Wein und hören dazu die altbekannten Worte: „Nehmet hin und esset. Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird …“. Worte, die uns spätestens seit der Konfirmandenzeit oder dem Firmunterricht geläufig sind. Worte, mit denen Matthäus, Markus und Lukas in den ersten drei Evangelien des Neuen Testaments beschreiben, wie Jesus seinen letzten Abend mit seinen zwölf Jüngern verbrachte.

An diesem Abend geht es um Gemeinschaft, so etwas wie um Gastfreundschaft.  Aber auch darum, wie zerbrechlich das gedeihliche Miteinander sein kann. Symbolhaft geht es auch um den zerrissenen Leib. „Dies tut zu meinem Gedächtnis!“, sagt Jesus.  So wird es auch von dem Apostel Paulus an alle Gemeinden weitergetragen, die er einige Zeit nach diesen Ereignissen gegründet oder besucht hat. Und so wird es auch in vielen Gottesdiensten in unserer Region heute Abend erinnert werden, in denen wir die Mahlgemeinschaft mit Brot und Wein nachempfinden. Da wir den weiteren Verlauf der Geschichte kennen, wissen wir, dass die Gemeinschaft am Tisch schon nicht mehr so innig war, wie einst zuvor. Matthäus, Markus und Lukas berichten, wie wenige Minute später die Freunde ihren Herrn verlassen und einschlafen, während er sich ängstigt. Und dann wird auch noch sein Vertrauter Petrus sagen, dass er ihn gar nicht kennt.

Im vierten Evangelium erzählt Johannes, wie es direkt nach dem Essen mit der Gemeinschaft noch auf für uns ungewohnte Weise weitergeht: Da steht Jesus auf, legt sein Obergewand ab, gießt Wasser in eine große Schüssel und fängt an, seinen Freunden die Füße zu waschen. Eine Arbeit, die sonst nur Untergebene, Sklaven oder Diener machen. Die Füße gewaschen zu bekommen, das war schön und angenehm. Endlich den Staub von den Füßen entfernen, nachdem man den ganzen Tag in Sandalen auf staubigen Straßen unterwegs war. Die Freunde sind verwirrt. Das ist doch keine Tätigkeit für ihren Herrn und Meister. Und dann sagt er noch, nachdem ihr Widerstand gebrochen ist: „So wie euer Herr und Meister euch die Füße gewaschen hat, so sollt ihr untereinander die Füße waschen.

Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander liebhabt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Jeder soll für jeden da sein. Oben und unten geraten durcheinander – wie schön. Wie sehe die Welt aus, wenn die Chefs dieser Welt mal ihren Mitarbeitern die Füße waschen würden? Der Zeitungsherausgeber dem Lokalredakteur? Die Pfarrerin den Konfirmandinnen? Der Vorsitzende des Kirchenvorstandes den Mitgliedern des Seniorenkreises? Das wäre doch ziemlich ungewohnt, wenn der Herr ein Knecht und die Dienerin eine Herrin wäre – oder? „Nimm meine Liebe an! Lass sie dir gefallen“, höre ich Jesus zu seinen widerwilligen Jüngern sagen. Sich zu den schmutzigen Füßen herabbeugen als Liebesdienst, eine Geste der Demut.  Eine unerwartete Fortsetzung des Teilens von Brot und Wein, die ihre absolute Steigerung in der Hingabe am Kreuz am nächsten Tag erfahren soll. Jesus, der Sohn Gottes, ist vom Himmel heruntergekommen zu denen ganz unten – erniedrigt bis zum Tod. - Am Gründonnerstag feiern wir Jesus. Wir feiern seine Liebe, seine Zuneigung, die bis zum Äußersten geht, in symbolischen Handlungen, im Gottesdienst. Brot und Wein – ja. Aber auch noch Füße waschen? Das kommt als Ritual ziemlich selten in unseren Abendmahlsfeiern vor. Warum eigentlich? Es ist ungewohnt, Schuhe und Strümpfe auszuziehen. Die Füße zu entblößen, die von den vielen Wegen erzählen, die wir im Leben gegangen sind. Über Stock und Stein. Wer unsere Füße sieht, nimmt mehr von uns wahr als gewöhnlich. Wer sich die Füße waschen lässt, muss sich von einem anderen Menschen anfassen lassen. Was spricht dagegen? Wir sehnen uns doch danach, in einer immer kälter agierenden Gesellschaft berührt zu werden? Was ist meine Angst? Meine Last? Was schleppe ich mit mir herum?

Johannes hat uns erzählt, dass Jesus uns einlädt. uns fallen zu lassen. Unser Leben kann von der Liebe durchdrungen werden. Fußwaschen beinhaltet ein Geben und ein Nehmen. Und es ist vor allem auch ein Annehmen. Vielleicht können wir das in unserer Gesellschaft wieder lernen. Dies auch in unseren Gottesdiensten zeigen. Das wäre doch schön – oder? Die Liebe Jesu ist unser Auftrag. „Glückselig seid ihr, wenn ihr es tut!“ - In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen gesegneten Gründonnerstag.

 

Ihr Gert Holle

Andacht vor und zu Gründonnerstag
Andacht vor und zu Gründonnerstag

Andacht zum Karfreitag
Andacht zum Karfreitag
Andacht an Gründonnerstag
Andacht an Gründonnerstag

Andacht am Ostersonntag
Andacht am Ostersonntag


Autor: Gert Holle - 26.03.2024