Angedacht: Auf den Punkt gebracht – Von und mit Gert Holle
17.06.2024
Spieler, die die „Schwalbe“ machen oder den „sterbenden Schwan markieren“, die kann man bei der gerade laufenden Fußball-Europameisterschaft manchmal beobachten. Mancher gebärdet sich nach einem Torerfolg wie ein stolzer Pfau, andere möchten nach einer Fehlleistung am liebsten in ein nicht vorhandenes Loch im Boden kriechen. Gefühle pur. Und auch wir vor den Fernsehschirmen springen, schreien, jubeln, toben und freuen uns über den einen oder anderen Star. Gesprächsstoff gibt es zuhauf. Sieht das „magische Auge“ tatsächlich alles? War der Ball tatsächlich mit voller Umdrehung hinter der Linie? Nun ja, alles lässt sich vielleicht doch nicht erkennen. Wieso legt der Spieler den Ball neben den vom Schiedsrichter gezogen Schaumriegel? Verschafft er sich so einen unlauteren Vorteil? Der Reporter beruhigt: „Alles ist im grünen Bereich – also erlaubt.“
Wenn unsere Mannschaft gewinnt, sind wir die Größten. Über ein nicht geahndetes Abseitstor lässt sich trefflich streiten. Und dann gibt es ja auch die tragischen Helden wie Antonio Rüdiger, die den Ball statt ins gegnerische ins eigene Tor befördert haben. Fußball ist, emotional gesehen, ein herrliches Spiel. Sogar zum Lachen und zum Nachdenken regt es an, wie mir ein Freund neulich mit einem Witz neulich zeigte. „Ein Fußballer kam nach einer Partie nach Hause und wurde von seiner Frau gefragt: „Na, wie ist es gelaufen?“ – „Spitze, ich habe sogar zwei Tore geschossen!“ – „Schatz, da kann ich ja mächtig stolz auf dich sein! Und wie ist es ausgegangen?“ – „1:1“. –
Dass wir gerne mehr sein wollen, als wir sind, kommt uns bekannt vor. Mehr Schein als Sein eben. Sie erinnern sich sicher an so manche Heldengeschichte, die Sie im Kollegenkreis, am Stammtisch oder unter Freunden und Bekannten serviert bekamen. Wir selbst sind auch gerne Helden vor uns selbst und anderen. Von unseren „Eigentoren“ sprechen wir dagegen seltener. Weil sie peinlich sind? Machen sie nicht gerade einen Menschen erst so richtig sympathisch? Der Superstar wird zwar von vielen bewundert, aber wird er auch geliebt?
Damit wir wissen, woran wir mit uns und den anderen sind, ist es gut, so manches im wahrsten Sinne des Wortes auf den Punkt zu bringen. Ich muss erkennen, was mich drückt, damit auch die anderen wissen, wem sie begegnen. Vielleicht ist es gut, von Zeit zu Zeit die „Prinzessin auf der Erbse“ zu spielen, von der Hans-Christian Andersen erzählt. In dem Märchen macht sich der Prinz, der eine „wirkliche“ Prinzessin heiraten wollte, auf die Suche. Da er aus Erfahrung wusste, dass der äußere Schein oftmals trügt, dass es Betrüger und Betrügerinnen gibt, die so tun, als seien sie Prinzessinnen oder Prinzen, greift er zu einem Trick, genauer gesagt, zu einer winzigen Erbse. Denn auf das Spüren dieser winzigen Erbse unter einem Berg von Matratzen – darauf kommt es an, sagt das Märchen. So klein sie auch ist – an ihr scheiden sich die Geister. So bringt es die kleine Erbse auf den Punkt.
Sie wird Zeichen für meine Glaubwürdigkeit, für meine Persönlichkeit. Ob ich nun „Prinzessin“ oder „Prinz“ bin – „Heldin“ oder „Held“ – oder auch nicht. Ich weiß dann, wer ich bin. Und die anderen auch. Dann kann so manches „Eigentor“ im Leben vielleicht doch noch der Schlüssel zum Herzen anderer Menschen werden.
„Wer ist klug? Jeder, der sich richtig einschätzen kann. Wer ist ein Tagträumer? Jeder, der sich selbst betrügt.“ (Sprüche 14,8). Mit diesen Worten aus der Bibel wünsche ich Ihnen eine gesegnete Woche! Ihr Gert Holle
Autor: Gert Holle - 17.06.2024