Seelsorge zwischen Räucherforelle und Rostwurst

Fünf Jahre kirche:Mobil!

Hartmut Dahmen, Christoph Morgen sowie Agnes Himbert und Martina Wenzel am 14. Februar vor dem kirche:Mobil! © Ute Kirch
Hartmut Dahmen, Christoph Morgen sowie Agnes Himbert und Martina Wenzel am 14. Februar vor dem kirche:Mobil! © Ute Kirch

17.02.2025

 

Seit fünf Jahren ist im Pastoralen Raum Völklingen das „kirche:Mobil!“ unterwegs. 638 Einsätze und über 30.000 Gespräche führten die Haupt- und Ehrenamtlichen in dieser Zeit.

 

Von Ute Kirch

 

(Püttlingen/uk) – „Darf ich Ihnen ein Herz schenken?“, spricht Christoph Morgen die ältere Dame am Valentinstag an, die gerade auf dem Püttlinger Wochenmarkt Fisch gekauft hat. In der Hand hält der Pastoralreferent eine Schale mit kleinen Herzen aus Birkenholz. „Ach, gerade bin ich aber gar nicht glücklich“, erwidert die Frau, dann bricht es aus ihr heraus: Vor drei Monaten ist ihre Tochter verstorben, mit dem Verlust komme sie nur sehr schwer zurecht. Schon sind die beiden mitten im Gespräch, in der Seelsorge.  

 

Zwischen Räucherforelle und Rostwurstbude steht an diesem kalten Valentinstag-Vormittag auf dem Püttlinger Marktplatz das kirche:Mobil! Auch der Ehrenamtliche Hartmut Dahmen sowie Agnes Himbert und Martina Wenzel vom Ambulanten Hospiz St. Michael Völklingen sind vor Ort und schenken den Menschen, die das wünschen, ein offenes Ohr und ihre Zeit. 

Vor genau fünf Jahren, am 14. Februar 2020, fiel am gleichen Ort der Startschuss für das kirche:Mobil! Dabei handelt es sich um einen umgebauten Transporter, ähnlich einem Bäckerauto. Die Idee dahinter: unterwegs sein und die Kirche zu den Menschen zu bringen. „Geschäfte schließen, Vereine überaltern und auch der sonntägliche Gottesdienst verliert zunehmend an Bedeutung. Wir wollen Kirche vor Ort ein neues Gesicht geben“, sagt Christoph Morgen, der das Projekt gemeinsam mit Diakon Christoph Storb und Pastoralreferentin Carla Martin hauptamtlich leitet. „Wir richten uns bewusst an alle Menschen, egal welcher Herkunft oder welchen Glaubens.“ Vielen fehle jemand, der ihnen zuhört, haben die Engagierten beobachtet. „Zu erleben, da ist jemand, der interessiert sich für mich, tut ihnen gut, und sie sind dankbar.“ 

 

Kooperation mit der Völklinger Tafel

638 Einsätze hatte das kirche:mobil! In den vergangenen fünf Jahren, rund 7.000 Gespräche pro Jahr werden geführt. Bei den Einsätzen dabei sind regelmäßig Haupt- und Ehrenamtliche des Caritasverbands Saarbrücken und Umgebung e.V. und des St. Michael-Hospizes Völklingen. „Wir sind kurz vor Corona gestartet, aber konnten an der frischen Luft dennoch Gespräche führen“, blickt Morgen zurück. Die Pandemie, die mit ihr verbundenen Kontaktsperren und die Diskussion um die Impfung seien zu Beginn das beherrschende Gesprächsthema gewesen. Aber auch die Absage der Gottesdienste habe vor allem die ältere Bevölkerung sehr beschäftigt. „In vielen Gesprächen geht es um Krankheit und Tod, aber grundsätzlich darf über alles gesprochen werden. Manch einer macht auch seinem Unmut über den Umgang der Kirche mit dem Thema Missbrauch Luft“, sagt Morgen. 

 

Station macht das Mobil auf Wochenmärkten und vor Friedhöfen, aber auch vor Spielplätzen vor allem im Pastoralen Raum Völklingen. Nach der Flutkatastrophe machte das kirche:Mobil! 28-mal Station im Ahrtal, um den Menschen dort beizustehen. Der Ukrainekrieg und die Sorge um die steigenden Heizkosten führten zu einer Erweiterung des Konzepts. Seitdem kooperiert das kirche:Mobil! mit der Völklinger Tafel, um so stärker auf die Menschen am Rand der Gesellschaft zuzugehen. „Wir bieten den Menschen, die vor der Tafel anstehen, ein warmes oder kaltes Getränk an, um ihnen die Wartezeit zu verkürzen und haben natürlich auch hier ein offenes Ohr“, sagt Morgen und geht auf einen Mann zu: „Darf ich Ihnen ein Herz schenken?“ Der Passant stutzt kurz, schaut erstaunt und meint: „Wenigstens einer, der an mich denkt.“